Viele Menschen mit chronischen Lebererkrankungen sollten besser die Finger vom Steuer lassen. Denn wenn die Leber das Blut nicht reinigt, gelangen Gifte in das Gehirn. Diese mindern unter anderem die Konzentration und Aufmerksamkeit beim Autofahren. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) hin.
Leberzirrhose trifft mehrere Organe
Mehr als drei Millionen Menschen in Deutschland sind leberkrank. Der Verlauf ist häufig chronisch und am Ende steht nicht selten eine Vernarbung der Leber, die Leberzirrhose. „Die Patienten leiden dann nicht nur unter den Einschränkungen der Leberfunktion“, sagt Dieter Häussinger von der Heinrich Heine Universität Düsseldorf. Denn die Zirrhose wirkt sich auch auf andere Organe aus: „Betroffen ist zum Beispiel auch das Gehirn“, erläutert der Experte. „Die Leber ist bei einer Zirrhose immer weniger in der Lage, Ammoniak und andere Substanzen aus dem Blut zu entfernen.“ Darmbakterien sondern diese Gifte ab. Über die Blutbahn gelangen sie ins Gehirn.
Verkehrsunfall riskieren
„Viele Patienten mit Leberzirrhose entwickeln eine Funktionsstörung des Gehirns, die so genannte hepatische Enzephalopathie,“ erklärt Häussinger. Der Beginn dieser Erkrankung sei in der Regel schleichend. Anfangs sei die Konzentration gestört, die Aufmerksamkeit lasse nach, die Reaktionsfähigkeit nehme ab. Häufig ist auch die Feinmotorik beeinträchtigt, was sich am starken Zittern der Hände zeigt. Bereits im Frühstadium ist bei vielen Patienten auch die Fahrtüchtigkeit herabgesetzt.
„Unsere Studien haben gezeigt, dass Menschen mit hepatischer Enzephalopathie häufiger Fahrfehler begehen als andere, jedoch kann im Einzelfall die Fahrtauglichkeit trotzdem erhalten sein“, erläutert Häussinger. Für den Experten steht fest, dass die hepatische Enzephalopathie für zahlreiche Verkehrsunfälle verantwortlich ist, auch wenn die Erkrankung in den Unfallstatistiken praktisch nicht auftaucht: „Exakte Zahlen über Verkehrsunfälle von Leberkranken gibt es in Deutschland nicht.“ Sonderregeln für die Teilnahme am Straßenverkehr gelten bisher vor allem für Diabetiker und Epileptiker.
Laktulose und Antibiotika helfen
„Wir raten Patienten dringend, die Erkrankung frühzeitig zu behandeln. Eine effektive Therapie ist heute durch Laktulose und Antibiotika möglich“, sagt Professor Mössner. Der synthetische Zweifachzucker Laktulose begünstigt das Wachstum von „guten“ Darmbakterien, die Milchsäure statt giftiges Ammoniak produzieren. Ein Antibiotikum tötet die ammoniakproduzierende und daher schädlichen Darmbakterien gezielt ab. Eine frühe Therapie sei vor allem deshalb wichtig, weil die Hirnschäden oft nicht umkehrbar sind – und auch die Fahrtauglichkeit gehe dauerhaft verloren.