Schlafmohn

Rosel Eckstein/pixelio.de

Schlafmohn, besonders seine opiumhaltige Fruchtkapsel, ist stark toxisch. Nicht selten vergifteten sich die Menschen im Altertum an einer Überdosis, wenn sie die Früchte gegen Husten, Schmerzen oder als Beruhigungsmittel einnahmen. Auch in Schlafschwämmen zur Narkotisierung bei chirurgischen Eingriffen wurde der Schlafmohn eingesetzt. Opium war Hauptbestanteil des Laudanums – einer von Paracelsus zu Anfang des 16. Jh. n. Chr. erfundenen Tinktur, die bis ins frühe 20. Jahrhundert als Allheilmittel eine europaweite Verbreitung erfuhr. Sie genoss große Popularität in allen Gesellschaftsschichten, denn sie war preiswert, leicht erhältlich und stark schmerzlindernd. Auch heute ist Schlafmohn in der Pharmazie vor allem als Schmerzmittel bekannt: Morphin und andere Opioide zählen zu den wirksamsten Mitteln in der Schmerztherapie.

Wissenschaftlicher Name: Papaver somniferum.

Charakteristik

Schlafmohn stammt ursprünglich aus Westasien, wird heute jedoch weltweit kommerziell kultiviert. Er wächst bis zu 150 cm hoch und ist einblütig. Die von Juni bis August stehende Blüte besteht aus vier Blättern, ist violettweiß oder rot und trägt einen dunklen Ring am Grund. Sie erreicht einen Durchmesser von bis zu 10 cm. Lang und kahle oder abstehend behaarte Stiele tragen die Blüten. Die Frucht des Schlafmohns ist eine rundlich bis oval geformte Kapsel und variiert stark in der Größe. In ihrem Inneren befinden sich zahlreiche nierenförmige Samen.  

Medizinische Verwendung

Medizinisch verwendet wird der aus den unreifen Samenkapseln gewonnene Milchsaft. Den getrockneten Milchsaft bezeichnet man als Opium. Wegen seiner Toxizität und bestehender Suchtgefahr wird Schlafmohn als Heilpflanze nicht mehr eingesetzt. Ihre chemisch isolierten Inhaltsstoffe haben jedoch einen festen Platz in der Schulmedizin. Das Opium enthält stark wirksame organische Verbindungen, sogenannte Alkaloide. Die isolierten Alkaloide dienen als Wirkstoffe in Fertigpräparaten. Beispiele für isolierte Alkaloide sind Morphin, Codein und Papaverin. Morphin ist ein wirksames Mittel gegen starke und stärkste Schmerzen, Papaverin löst Krämpfe in Magen, Darm und Galle, Codein stillt Hustenreiz. Neben den natürlichen Alkaloiden sind zahlreiche synthetisch hergestellte Substanzen mit ähnlichen Eigenschaften auf dem Arzneimittelmarkt zu finden, etwa Methadon. Opioide ist die Sammelbezeichnung für alle Wirkstoffe, egal ob natürlich oder synthetisch. Ein bekanntes Opioid ist das Suchtmittel Heroin – ein Gemisch aus Morphin und verschiedenen synthetischen Substanzen. Als Opiate werden hingegen nur die isolierten, natürlichen Inhaltsstoffe des Schlafmohns bezeichnet, wie Morphin oder Codein. Opioide fallen ab einer bestimmten Wirkstoffkonzentration unter das Betäubungsmittelgesetz. Anbau und Vertrieb von Schlafmohn sind verboten.

Anwendungsbereiche

Innere Anwendung: bei akuten und chronischen Schmerzen, Koliken, Durchfall, Reizhusten
Volksmedizin: bei Spasmen der glatten Muskulatur, der Gallenwege und der Harnwege, zur Ruhigstellung bei Typhus, Darmtuberkulose, Darmgeschwüre, bei Bauchfellentzündung, bei Gallen-, Nieren-  und Blasenkoliken, bei Husten und bestimmten Depressionen
Traditionelle Chinesische Medizin: bei chronischem Husten, Durchfall und entzündlichen Darmerkrankungen, Analprolaps und abdominellen Beschwerden wie Blähungen oder Bauchschmerzen
Indische Medizin: bei Reizhusten, Entzündungen der Ohren und Augen, Durchfall und entzündlichen Darmerkrankungen sowie bei Erkrankungen des Afters und Mastdarms
Homöopathie: als Globuli bei Schlafstörungen oder Trägheit mit übermäßigem Schlafbedürfnis, bei Störungen der Sinnesreize (Geruch, Geschmack, Gefühl), bei Verstopfung sowie zur Unterstützung des Alkoholentzugs.
In Lebensmitteln:  Mohnsamen werden in Backwaren, Gemüsekonserven, Pudding und als kaltgepresste Öle konsumiert. Ihr Morphingehalt ist sehr gering und gesundheitlich unbedenklich.
Sonstiges: Verwendung in der Anästhesie

Dosierung

Die Dosis wird individuell bestimmt.

Risiken und Nebenwirkungen

Schlafmohn und seine isolierten Substanzen können bei falscher Anwendung die Gesundheit erheblich beeinträchtigen. Die Anwendung sollte sich deshalb strikt an die ärztlichen Vorgaben halten. Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen unter anderem Krämpfe, Zuckungen, Übelkeit, Erbrechen und Verstopfung. Bei Überdosierung nehmen geistige Leistungsfähigkeit, Herzschlag und Atemvolumen ab. Besonders gefürchtet ist die lebensbedrohliche Atemlähmung. Bei langfristiger Einnahme von Opioiden droht Abhängigkeit.

Auf individuelle Anwendungsbeschränkungen ist zu achten. Die Alkaloide des Opiums dürfen unter anderem nicht während Schwangerschaft und Stillzeit eingenommen werden. Besondere Vorsicht gilt auch bei bestehender Schilddrüsenunterfunktion oder chronischen Atemwegserkrankungen. Einige Menschen reagieren allergisch auf die Alkaloide.

Quelle: Thomas Brendler, Joerg Gruenwald, Christof Jaenicke: Heilpflanzen CD-ROM (Herbal Remedies), 2003 MedPharm

Autor*innen

Sandra Göbel | zuletzt geändert am um 13:30 Uhr