Im 14. Jahrhundert schreibt Arnoldus Villanovanus ein ganzes Buch über den Augentrost. Er war sogar davon überzeugt, dass die Pflanze Blinden ihr Augenlicht zurückgeben könne. Ryffius beschreibt in der Reformierten Deutschen Apotheke (1573) ausführlich Eigenschaften und Wirkung der Heilpflanze. Auch der italienische Arzt Matthiolus weiß zu sagen, welche Pflanzenteile wie bei welchen Augenleiden helfen. Danach gerät der Augentrost in Vergessenheit. Erst im 19. Jahrhundert empfiehlt es Kranichfeld bei allen katarrhischen Leiden – v.a. der Augen – und bei Vergiftungen, z.B. durch Tabak oder Alkohol. Kneipp setzte den Augentrost als magenstärkendes Bittermittel ein.
In der Volksmedizin mehrerer europäischer Länder wird das Kraut besonders bei Augenleiden, aber auch Schwindel, Kopfschmerzen und Gelbsucht eingesetzt. Augentrost ist heute ein wichtiger Wirkstoff in der Homöopathie.
Wissenschaftlicher Name: Euphrasia officinalis L., Euphrasia rostkoviana Hayne.
Charakteristik
Die einjährige Pflanze erreicht eine Wuchshöhe zwischen 5 und 30 cm. Sie ist ein Halbschmarotzer, d.h., ihre Wurzeln docken an die umgebenden Graswurzeln an, entziehen ihnen Nährstoffe und hemmen so das Wachstum der Gräser. Diese Eigenschaft hat der Pflanze den Namen Wiesenwolf eingetragen. Auch Milchdieb wird sie deshalb genannt, denn der schlechtere Graswuchs auf Weiden kann den Milchertrag beim Weidevieh mindern.
Die gegenständig sitzenden Blätter haben einen gezahnten Rand. Die Farbe der Blüten reicht von vorzugsweise weiß bis bläulich und rötlich violett. Die knapp einen Zentimeter großen Blüten bestehen aus einem Kelch mit Zipfeln dran. Die ganze Blüte ist violett geadert und auf dem unteren Blütenblatt prangt ein gelber Fleck. Blütezeit ist von Juli bis September. Die zahlreich produzierten Samen haben eine schmale, längliche Kapselform und eine geriffelte Oberfläche.
Die Pflanze bevorzugt magere Wiese und Weiserasen. Sie wächst sogar noch in Höhenlagen von 2.300 m. Verbreitungsschwerpunkte sind Mittel-, West- und Südeuropa.
Augentrost ist geruchlos. Das Kraut der Heilpflanze schmeckt bitter und salzig.
Medizinisch verwendet wird das blühende Kraut.
Anwendung
Äußerliche Anwendung in Form von Waschungen, Umschlägen und Augenbädern, die aus frischem Augentrost oder getrocknetem Augentrostkraut hergestellt werden.
Naturheilkunde: äußerliche Anwendung bei Augenkrankheiten, die mit Gefäßerkrankungen und Entzündungen verbunden sind, sowie bei Entzündungen der Augenlider und Augenbindehaut. Des Weiteren als Vorbeugemittel gegen Augenschleimfluss, bei Augenkatarrh und verklebten, entzündeten Augen. Bei Husten, Schnupfen und bei Hauterkrankungen. Der Tee dient als Magenmittel.
Volksmedizin: äußerliche Anwendung bei Blepharitis, Bindehautentzündung, Gerstenkorn, Ermüdungserscheinungen des Auges, funktionelle Sehstörungen mit muskulärer oder nervöser Ursache sowie Husten und Heiserkeit.
Dosierung
Abkochung: 3 g Kraut in 150 ml Wasser 5–10 min kochen und durch ein sehr feines Sieb zur Vermeidung von Schwebstoffen abseihen. 3–4-mal täglich für Augenspülungen.
Tee: 2–3 g fein geschnittene Droge mit kochendem Wasser übergießen, 5–10 min ziehen lassen und abseihen.
Dekokt: 2%ig.
Wirkung und Nebenwirkungen
Augentrost enthält verschiedene Iridoide, u.a. Aucubin, Flavonoide und Gerbstoffe.
Eine klinische Studie von 2000 bestätigt die Wirksamkeit von Augentrost-Tropfen bei Bindehautentzündung. Von 65 Teilnehmern zeigten nach 2-wöchiger Behandlung 53 von ihnen eine vollständige Heilung, der Rest eine deutliche Verbesserung der Erkrankung bei sehr guter Verträglichkeit.
In Tierversuchen schützte Augentrost signfikant die Leber gegen Vergiftungen mit Tetrachlorkohlenstoff oder α-Amantin (z.B. in Knollenblätterpilzen).
Es gibt keine Risiken bei bestimmungsgemäßer Anwendung der Droge in therapeutischen Dosen.