Kurzes, abgeschlossenes, unerklärliches Ereignis (BRUE)

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Bei einem kurzen Atemstillstand wie dem BRUE sind die im Erste-Hilfe-Kurs für Babys erlernten Maßnahmen hilfreich.

Kurzes, abgeschlossenes, unerklärliches Ereignis (Brief resolved unexplained event, BRUE; Anscheinend bzw. augenscheinlich lebensbedrohliches Ereignis, ALE, ALTE): Akut und unerwartet auftretender, weniger als 1 Minute andauernder Zustand, in dem ein Säugling nicht mehr oder nur noch sehr schwach atmet, blass und (meist) schlaff wird. Beim BRUE gelingt es, das Kind durch rechtzeitige Stimulation wieder "aufzuwecken", d. h. seine Atmung anzuregen. Trifft dann die alarmierte Notärzt*in ein, sind die Kinder meist unauffällig. Trotzdem müssen sie in die Klinik, wo zunächst Herzschlag, Atmung und Sauerstoffgehalt des Blutes überwacht und mögliche Ursachen abgeklärt und behandelt werden. Wenn sich wie in etwa der Hälfte der Fälle eine Ursache finden lässt, handelt es sich definitonsgemäß nicht mehr um ein BRUE.

10 % der Babys erleiden nach dem ersten BRUE innerhalb der nächsten Tage bis Wochen ein weiteres Ereignis. Um rechtzeitig zu reagieren, empfehlen Kinderärzt*innen oft ein Heimmonitoring. Die weitere Prognose der Kinder ist gut, die meisten entwickeln sich unauffällig.

  • Der Säugling zeigt kürzer als 1 Minute folgende Symptome:
  • Das Baby atmet sehr unregelmäßig, zu langsam oder gar nicht.
  • Die Haut wird blass, das Gesicht des Kindes läuft blau an.
  • Die Muskulatur erschlafft oder – selten – versteift.
  • Das Kind reagiert oder zeigt ein verändertes Bewusstsein.

Sofort in die Klinik bzw. die Notärzt*in (112) rufen, wenn

  • die oben beschriebenen Symptome auftreten.

Wie beim plötzlichen Kindstod soll auch beim BRUE eine Störung der Atmung ursächlich sein. Im Unterschied zum plötzlichen Kindstod überlebt das Kind beim BRUE das Ereignis und ist in den allermeisten Fällen danach völlig unauffällig.

Ein BRUE ist streng definiert, alle 4 folgenden Voraussetzungen müssen zutreffen:

  • Das Kind ist jünger als ein Jahr alt.
  • Die Episode dauert kürzer als 1 Minute (meist sind es etwa 20–30 Sekunden).
  • Es liegt mindestens eines der folgenden Symptome vor:
    • Blässe oder Zyanose (Blaufärbung der Haut)
    • Keine, verminderte oder unregelmäßige Atmung
    • Verstärkte oder verminderte Muskelspannung
    • Veränderte Reaktion, verändertes Bewusstsein
  • Es ist keine Ursache für diese Episode zu finden.

Was genau zum BRUE führt, ist ungeklärt. Wahrscheinlich handelt es sich um das Zusammenspiel verschiedener ungünstiger Faktoren, sowohl innerer als auch äußerer. Es gibt Hinweise, dass bei den Betroffenen die Blutversorgung der für Atmung und Herzschlag relevanten Hirnteile anlagebedingt weniger stabil ist als bei anderen Kindern. Kommt nun ein äußerer Faktor hinzu, wie Überwärmung, eine Erkältung oder das Einatmen von Nikotin, so versagen die lebensrettenden Reflexe.

In der Notaufnahme oder in der Kinderklinik überwacht man die Kinder zunächst und misst engmaschig Herzschlag, Atmung und Sauerstoffgehalt des Blutes. Um ein BRUE zu diagnostizieren, ist es erforderlich, eine große Anzahl möglicher Ursachen für die Atempause auszuschließen.

Bei der körperlichen Untersuchung achten die Kinderärzt*innen auf Fehlbildungen und prüfen Reflexe und Entwicklungsstand des Kindes. Besonderes Augenmerk gilt Verletzungen und Anzeichen für körperliche Misshandlungen. Bei einem Verdacht auf ein Schütteltrauma wird beispielsweise die Netzhaut auf Blutungen untersucht.

Eine weitere, intensive Diagnostik wird nur bei begründetem Verdacht auf eine Erkrankung und bei Hochrisikokindern betrieben. Als Hochrisikokinder gelten vor allem Säuglinge,

  • die als Frühgeburt (vor der 33. Schwangerschaftswoche) zur Welt kamen oder die ein sehr niedriges Geburtsgewicht hatten
  • die zum Zeitpunkt des ersten lebensbedrohlichen Ereignisses 60 Tage oder jünger waren
  • die vorher schon einmal ein BRUE erlitten haben
  • die bei einem vorangegangenen Ereignis bereits (durch medizinisches Personal) wiederbelebt werden mussten
  • die Geschwister haben, bei denen der Verdacht oder die Diagnose eines plötzlichen Kindstods besteht
  • bei denen Anzeichen von Misshandlung zu erkennen sind.

Die weitere Diagnostik bei Hochrisikokindern besteht je nach Verdacht aus

  • Blut- und Urinuntersuchungen wie Blutbild, C-reaktives Protein , Blutsenkungsgeschwindigkeit, Elektrolyte oder Leberwerte zum Nachweis von Infektionen, Anämie, Austrocknung, Leberschäden oder Stoffwechselstörungen
  • Röntgenuntersuchungen des Brustkorbs bei Verdacht auf Lungenentzündung oder Herzfehlbildungen
  • EKG und Echokardiografie zum Nachweis von Herzfehlbildungen oder Rhythmusstörungen
  • Röntgenuntersuchung des Skeletts, um Brüche zu erkennen
  • MRT und CT bei Verdacht auf innere Verletzungen und Blutungen
  • Lumbalpunktion bei Verdacht auf eine Meningitis
  • EEG und/oder schlafmedizinische Untersuchungen, um Epilepsien, Krampfanfälle oder Atmungsprobleme während des Schlafens zu erkennen.

Differenzialdiagnosen. Die gleichen Symptome verursachen die oben genannten Erkrankungen oder Verletzungen (z. B. Infektionen, Stoffwechselerkrankungen, Fehlbildungen oder Misshandlung).

Wird ein BRUE bemerkt, reicht es meist, das Kind mit Anfassen, Rubbeln und Anpusten "aufzuwecken", um seine Atmung zu stimulieren. Sind anwesende Eltern oder Betreuer*innen dafür ausgebildet, beginnen diese manchmal auch sofort Wiederbelebungsmaßnahmen, die im Falle eines echten BRUE erfolgreich verlaufen.

Wie die weitere Behandlung aussieht, entscheidet sich in der Klinik bzw. Notaufnahme. Bei Kindern mit geringem Risiko ist keine weitere Behandlung erforderlich. Hochrisikokinder werden zur Überwachung und Aufklärung stationär aufgenommen. Findet sich eine Ursache, wird diese behandelt (dann liegt definitionsgemäß kein BRUE vor).

Homemonitoring. Da etwa 10 % der Kinder in den ersten Wochen nach dem Ereignis ein weiteres zeigen, empfehlen Kinderärzt*innen oft Überwachungsgeräte für die Atmung. Ein Atem- und Herzmonitor weckt die Eltern auf, wenn Atmung oder Herzschlag des Babys in einen kritischen Bereich abfallen. Leider haben die Eltern oft mit Fehlalarmen zu kämpfen. Geräte, die Atemrhythmus und Herzschlag aufzeichnen, sind den bloßen Alarmgebern vorzuziehen, weil man später anhand der Aufzeichnungen zwischen Fehlalarm und echtem Ereignis unterscheiden kann.

Vorbeugende Maßnahmen. Generell sollten Eltern und Betreuer einen Erste-Hilfe-Kurs für Babys und Kleinkinder absolvieren, um notfalls eine Wiederbelebung durchführen zu können. Daneben gelten für das BRUE die gleichen vorbeugenden Maßnahmen wie beim plötzlichen Kindstod (siehe unten).

Die Prognose beim einmaligen BRUE ist gut, die meisten Kindern bleiben danach unauffällig. Erleiden Kinder zwei solche Ereignisse, ist jedoch das Risiko für den Plötzlichen Kindstod erhöht.

Was Sie als Eltern tun können

Die Präventionsmaßnahmen gegen den plötzlichen Kindstod werden auch gegen das BRUE empfohlen.

Rückenlage. Lassen Sie das Kind auf dem Rücken schlafen – nicht auf dem Bauch! Zwar wurde festgestellt, dass diese Art zu schlafen einen asymmetrischen/platten Hinterkopf begünstigt. Dies lässt sich jedoch vermeiden, wenn Sie Ihr Baby so oft wie möglich auf dem Bauch liegen lassen – aber nur, wenn es beaufsichtigt wird. Das hat einen zusätzlich positiven Effekt: Durch die Bauchlage im Wachen werden die Muskeln gestärkt und die Kopfhalte-Kontrolle geübt.

Nicht rauchen. Verzichten Sie auf das Zigarettenrauchen – sowohl während der Schwangerschaft als auch danach! Auch nicht im Garten oder auf dem Balkon, denn die Schadstoffe lagern sich auf der Kleidung ab und werden so auf den Säugling übertragen. Bestandteile des Zigarettenrauchs sind dann also trotzdem im Blut Ihres Säuglings nachweisbar!

Überwärmung vermeiden. Eine Raumtemperatur von max. 18° C reicht zum Schlafen aus. Achten Sie auch darauf, dass das Kinderbett nicht an der Heizung oder in der Sonne steht. Ob das Kind zu warm ist, fühlt man am besten am Rücken zwischen den Schulterblättern. Fühlt es sich hier verschwitzt an, ist die Umgebung zu warm.

Schlafsack statt Federbett. Damit das Kind mit dem Kopf nicht unter die Decke rutscht, bietet sich ein Schlafsack an. Dieser darf nicht "auf Vorrat" angeschafft werden, sondern muss gut sitzen. Das bedeutet, dass die Halsöffnung kleiner sein soll als der Kopf.

Gesunde Schlafumgebung. Sorgen Sie zusätzlich für eine gesunde Schlafumgebung – hierzu gehören ein "richtiges" Bett (also kein Wasserbett oder Sofa), eine feste Schlafunterlage oder Matratze, der Verzicht auf Kissen, Plüschtiere, Fellunterlagen oder zu große Federbetten und auf das zu warme "Einpacken" des Babys.

Eigenes Kinderbett. Empfohlen wird, dass Babys im 1. Lebensjahr nicht im eigenen Zimmer, sondern im eigenen Bett bei den Eltern schlafen. Optimalen Schutz bietet ein kleines Kinderbettchen, das am elterlichen Bett befestigt oder direkt daneben gestellt wird.

So lange wie möglich stillen. Babys, die länger als 6 Monate gestillt werden, haben ein niedrigeres Risiko als früh abgestillte Kinder.

Schnuller anbieten. Der frühe Gebrauch eines Schnullers reduziert das Risiko um etwa 60 %.

Nicht pucken! Das feste Einwickeln von Säuglingen in ein Tuch ist eine uralte Wickelmethode, die immer mehr propagiert wird. Kinderärzt*innen warnen generell dagegen, den Kindern die Bewegungsfreiheit zu nehmen.

Keine Schlafpositionierer benutzen. Die Idee, das Kind durch Polster oder das Anbinden des Schlafsacks in Rückenposition zu halten ist genauso falsch. Durch solche Schlafpositionierer wird das Risiko für den plötzlichen Kindstod sowie Unfälle (Strangulieren in den Schnüren des angebundenen Schlafsacks) erhöht.

Autor*innen

Sandra Göbel; basierend auf: Dr. med. Herbert Renz-Polster, Dr. med. Nicole Menche, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit für Kinder, Kösel, München, 8. Auflage (2015). Überarbeitung und Aktualisierung: Dagmar Fernholz, Dr. med. Sonja Kempinski | zuletzt geändert am um 10:20 Uhr