Rationale Phytotherapie

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Viele Arzneimittel aus der Schulmedizin stammen urprünglich von Pflanzenwirkstoffen ab.

Die Rationale Phytotherapie (auch moderne oder naturwissenschaftlich orientierte Phytotherapie) bedient sich pharmazeutischer Verfahren, um die Heilpflanzen und ihre zu nutzenden Pflanzenteile wie Blätter oder Wurzeln („Droge“) – weiterzuverarbeiten. Dabei werden die enthaltenen Wirkstoffe extrahiert, konzentriert und manchmal sogar einzelne Inhaltsstoffe der Arzneipflanze abgetrennt. Die moderne Pflanzenmedizin kann dadurch die Wirkstoffe der Heilpflanze in möglichst gleichbleibender Konzentration zu pflanzlichen Fertigmedikamenten, den sogenannten Phytopharmaka verarbeiten, von denen ca. 5 000 in deutschen Apotheken gehandelt werden. Pflanzliche Arzneimittel werden als standardisierte Präparate bezeichnet, wenn zumindest von dem hauptsächlichen Wirkstoff eine garantierte Menge enthalten ist.

Der Beginn der Rationalen Phytotherapie reicht immerhin 200 Jahre zurück: 1811 gelang es dem Apotheker Friedrich Wilhelm Sertürner erstmals, eine Einzelsubstanz aus einer Pflanze zu isolieren, und zwar das Morphin. Seit der Nachkriegszeit kann die pharmazeutische Industrie die pflanzlichen Inhaltsstoffe auch chemisch umbauen oder komplett künstlich nachbauen (synthetisieren). Einige der wichtigsten schulmedizinischen Arzneien sind nachgebaute Pflanzenwirkstoffe, wie etwa die bei Herzschwäche angewendeten Digitalis-Präparate, die aus Schimmelpilzen abgeleiteten Penizilline und die ursprünglich aus Weidenrinde gewonnene Salicylsäure. Es wird geschätzt, dass die Mehrzahl der heute in der Schulmedizin verwendeten Präparate ursprünglich von Pflanzenwirkstoffen abstammt. Die Übergänge von der Pflanzenheilkunde zur Schulmedizin sind also fließend.

Wirknachweise

Die phytotherapeutischen Fertigarzneimittel müssen in Deutschland genauso wie synthetische Arzneimittel vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassen werden. Für die uneingeschränkte Zulassung müssen sie einen wissenschaftlichen Wirknachweis erbringen. Für die neueren pflanzlichen Präparate werden hier dieselben Standards verlangt wie bei der Zulassung eines synthetischen Präparats – also methodisch einwandfreie Studien an einer ausreichenden Patientenzahl (Doppelblindstudien). Nur solche Präparate können heute auf Kassenrezept verordnet und damit von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden. Pflanzliche Arzneimittel, die diese – hohen und kostenintensiven – Anforderungen nicht erfüllen, können als traditionelle pflanzliche Heilmittel registriert und vertrieben werden, sofern ihre Anwendung auf einer mindestens 30-jährigen Tradition beruht, ihre Wirkung nach den bereits in der Literatur vorhandenen Studien plausibel und ihre Unbedenklichkeit nach dem Stand der Wissenschaft anzunehmen ist. Die Packungsbeilage enthält in diesem Fall die Formulierung „Traditionell angewendet bei …

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Autor*innen

Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). | zuletzt geändert am um 16:26 Uhr