Lipödem

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Typischerweise lagert sich das Fett an Beinen und Hüften ab, während der Rumpf schlank bleibt.

Lipödem (Fettschwellung, Reiterhosensyndrom, Säulenbein): Erkrankung des Fettgewebes mit symmetrischer, lokaler Fettvermehrung vor allem an den Beinen bei häufig schlankem Rumpf. Durch zusätzliche Einlagerung von Wasser kommt es oft zu schmerzhaften, prallen Schwellungen. Betroffen sind überwiegend junge Frauen, vermutet werden hormonelle Ursachen. Die Krankheit schreitet voran und kann zu stark behindernden Fettwülsten führen.

Behandelt wird das Lipödem mithilfe von Massagen und Kompression (Komplexe physikalische Entstauungstherapie), manchmal auch durch Fettabsaugung (Liposuktion). Eine Reduktionsdiät oder Entwässerungstabletten haben keinen Einfluss auf ein Lipödem.

Leitbeschwerden

  • Symmetrische, druckschmerzhafte Schwellungen an den Beinen, seltener an den Armen
  • Häufig kühle, schlecht durchblutete Haut
  • Später Beulen, Dellen, Fettwülste
  • Verstärkte Neigung zu blauen Flecken (Hämatomen)
  • Gehstörungen bei stark ausgeprägten Fettwülsten an den Oberschenkeln.

Wann in die Arztpraxis

Demnächst, wenn

  • Fettpolster trotz Sport und Diät nicht weichen wollen
  • es immer wieder zu blauen Flecken kommt
  • die Beine immer dicker werden, der restliche Körper aber nicht.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Das Lipödem beginnt zunächst mit leichten symmetrischen Schwellungen an den Beinen oder Armen. Hintergrund dieser Schwellungen sind Fettzellen, die sich krankhaft vermehren und wachsen. Gleichzeitig werden in diesem Gebiet die kleinen Gefäße (Kapillaren) brüchig. In der Folge wandert Flüssigkeit in das Fettgewebe und verstärkt die Schwellung, was wiederum zu Schmerzen führt. Durch die brüchigen Kapillaren kommt es außerdem schon bei kleinsten Stößen oder Prellungen leicht zu blauen Flecken (Hämatomen).

Ursachen

Als Ursache von Lipödemen werden hormonelle Einflüsse vermutet. So tritt das Lipödem fast ausschließlich bei Frauen auf, und zwar zumeist in Phasen hormoneller Veränderungen wie in der Pubertät, während einer Schwangerschaft oder in den Wechseljahren. Bei Männern wurden Lipödeme bisher nur im Zusammenhang mit einer Hormontherapie oder Hormonstörungen beschrieben, z. B. bei einer Leberzirrhose oder bei Hypogonadismus.

Warum die Hormone bei manchen Menschen die Entwicklung eines Lipödems anstoßen ist unklar. Offenbar gibt es jedoch eine genetische Veranlagung, da die Erkrankung immer wieder familiär gehäuft auftritt.

Verlauf

Zunächst ist die Haut über den Fettschwellungen glatt und prall, später entwickeln sich Dellen, Beulen und schließlich ganze Fettwülste. Betroffen sind vor allem die Oberschenkel, die Hüfte und das Gesäß (Reithosenphänomen), manchmal auch die Unterschenkel, das komplette Bein oder die Arme.

Die Betroffenen sind in ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt. Die unproportionierte Fettverteilung mit dicken Beinen, aber normalem Oberkörper oder ein ausgeprägtes Reithosenphänomen belastet die Psyche sehr. Außerdem quälen Spannungs- und Druckschmerzen, oft ist das Gehen erschwert. Die eingeschränkte Beweglichkeit zieht eine Reihe von Folgeproblemen nach sich wie z. B. eine ungesunde passive Lebensführung und mangelhafte Fitness.

Komplikationen

Häufig bilden sich durch die lokalen Veränderungen Lymphabflussstörungen und es entsteht zusätzlich ein Lymphödem. Sind die Fettwülste an den Innenseiten der Oberschenkel und Knie sehr ausgeprägt, fällt den Patienten das Gehen schwer und es kommt zu Gangstörungen bis hin zu Fehlstellungen von Gelenken. Scheuereffekte beim Gehen begünstigen Hautentzündungen, z. B. an den Innenseiten der Oberschenkel. Unter großen Fettwülsten drohen Mazerationen.

Diagnosesicherung

Entscheidend für die Diagnose eines Lipödems ist die körperliche Untersuchung. Besonders auffällig ist das Missverhältnis der Fettverteilung zwischen Rumpf und Armen oder Beinen. Hände und Füße sind typischerweise nicht geschwollen. Durch das Betasten der Schwellungen prüft der Arzt, ob diese druckschmerzhaft sind.

Im Ultraschall erkennt der Arzt die Verbreiterung des Unterhautfettgewebes und mögliche Wassereinlagerungen. Den Umfang der geschwollenen Extremität misst er, um den Verlauf zu dokumentieren und zu erkennen, ob eine Therapie effektiv ist oder die Erkrankung voranschreitet.

Differenzialdiagnosen. Wichtige Differenzialdiagnosen sind Übergewicht, Lymphödem, Lipohypertrophie (eine Fettverteilungsstörungen, bei der es im Gegensatz zum Lipödem nicht zu Wassereinlagerungen kommt) und das Myxödem.

Behandlung

Die Behandlung des Lipödems verfolgt zwei Ziele: Schwellungen und Beschwerden sollen verbessert und Komplikationen verhindert werden. Dazu hat der Arzt folgende Möglichkeiten:

  • Kombinierte physikalische Entstauungstherapie (KPE), die sich aus folgenden Maßnahmen zusammensetzt:
    • Manuelle Lymphdrainage: Mit kreisenden Bewegungen der Finger und bestimmten Handgriffen wird die Gewebsflüssigkeit zu den Lymphknoten transportiert
    • Kompressionstherapie: Spezielle Kompressionsverbände mit Kurzzugbinden und langzeitige Versorgung mit Kompressionsstrümpfen der Klassen II, III und in Ausnahmefällen IV. Im Krankenhaus steht oft auch die pneumatische Kompressionstherapie mit mechanischer Auspressung der Gliedmaßen durch wechselnd aufpumpbare Manschetten zur Verfügung
    • Entstauende Bewegungstherapie, z. B. gymnastische Übungen
    • Sorgfältige Haut- und Fußpflege, Vermeidung von Einrissen und Verletzungen zur Vorbeugung von Infektionen
  • Fettabsaugung (Liposuktion). Wenn die Schmerzen trotz konsequent durchgeführter KPE weiter bestehen, sich immer wieder blaue Flecken bilden oder die Schwellungen sogar zunehmen, empfehlen die Ärzte häufig eine Fettabsaugung, um das krankhaft vermehrte Unterhautfettgewebe zu entfernen. Dabei wird das Fett unter lokaler Betäubung (Tumeszens-Lokalanästhesie) mithilfe von stumpfen Mikrosonden abgesaugt
  • Übergewicht. Etwa die Hälfte der Patienten mit einem Lipödem sind übergewichtig. Hier raten die Ärzte, vor einer eventuellen Fettabsaugung zunächst das Übergewicht zu reduzieren. Die Fettabsaugung selbst dient nicht der Gewichtsreduktion.

Diät und Medikamente

Auch wenn beim Lipödem in den Schwellungen Fett steckt, kann eine Diät die Beulen und Wülste nicht zum Verschwinden bringen. Maßhalten beim Essen ist aber trotzdem ein wichtiges Thema für Lipödem-Patienten – denn zusätzliches Übergewicht verschlimmert die Krankheit. Deshalb ist es sinnvoll, ein Normalgewicht zu halten bzw. etwaiges Übergewicht zu reduzieren.

Medikamente zur Behandlung des Lipödems gibt es nicht. Wirkstoffe, die die Blutfette beeinflussen, haben keinen Einfluss auf die Fetteinlagerungen. Entwässerungstabletten, wie sie der Arzt bei "normalen" Ödemen verschreibt, sind beim Lipödem nicht nur wirkungslos, sondern schädlich.

Prognose

Das Lipödem ist eine chronische, voranschreitende Erkrankung, für die es bis heute noch keine Heilungsmöglichkeiten gibt. Mit den zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten inklusive konsequenter Mitarbeit des Patienten lassen sich aber zumindest die Komplikationen beherrschen.

Ihre Apotheke empfiehlt

Sollten Sie unter Fettpolstern an Hüften oder Oberschenkeln leiden und weder Sport noch Diät helfen, suchen Sie einen Arzt auf. Je früher ein Lipödem erkannt wird, desto besser lässt es sich behandeln.

Was Sie selbst tun können

Bewegung. Erörtern Sie mit Ihrem Physiotherapeuten, wie Sie mit eigenen Übungen zur Entstauung beitragen können. Was Sie an Bewegungstherapie täglich zu Hause vollbringen, ist weit wichtiger als das, was 30 Minuten einmal in der Woche in der Krankengymnastik-Praxis passiert.

Sie können durch gymnastische Übungen dazu beitragen, die Ödeme zu reduzieren. Gut sind Übungen mit hochgelegten Beinen (bei morgens geschwollenen Beinen lohnt ein Versuch schon vor dem Aufstehen!). Sehr hilfreich ist auch Gehen mit gleichzeitiger Kompression am Bein, z. B. Nordic Walking. Auch Schwimmen und Aqua-Jogging können sich positiv auswirken.

Kleidung. Tragen Sie möglichst weit geschnittene Kleidung, die nicht an der Kompressionsstrumpfhose festklebt. Auch die Schuhe dürfen etwas weicher und weiter ausfallen.

Kompressionstherapie. Tragen Sie Ihre Kompressionsstrümpfe regelmäßig, um einen Effekt zu erzielen.

Ernährung und Gewicht. Falls Sie übergewichtig sind, versuchen Sie Ihr Gewicht vorsichtig und langfristig zu reduzieren. Eine spezielle Diät für Lipödem-Patienten gibt es nicht, ernähren Sie sich gesund und ballaststoffreich und halten Sie Maß beim Alkohol und dem Verzehr von Zucker und tierischen Fetten.

Hautverletzungen und Hautpflege. Heilungsverläufe in geschwollenen und schlecht durchbluteten Geweben sind langwierig. Pflegen Sie Ihre Haut deshalb sorgfältig und schützen Sie sie vor Verletzungen und Infektionen.

  • Benutzen Sie zur Hautpflege keine parfümierten Seifen, Cremes oder Lotionen. Diese reizen die Haut. Besser sind pH-neutrale Produkte.
  • Wenn Sie Bandagen oder Kompressionsstrümpfe tragen, müssen Sie besonders darauf achten, dass Ihre Haut nicht zu sehr austrocknet.
  • Pflegen Sie die Haut in den Falten unter den Fettwülsten sorgfältig. Halten Sie die Hautfalten trocken, damit es nicht zu Mazerationen kommt.

Weiterführende Informationen

  • www.phlebology.de – Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie e. V. (DGP, Freiburg) mit der aktuellen Leitlinie Lipödem der Beine.

Autor*innen

Dr. med. Sonja Kempinski | zuletzt geändert am um 10:58 Uhr


Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist nach wissenschaftlichen Standards verfasst und von Mediziner*innen geprüft worden. Die in diesem Artikel kommunizierten Informationen können auf keinen Fall die professionelle Beratung in Ihrer Apotheke ersetzen. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbständig Diagnosen zu stellen oder mit einer Therapie zu beginnen.