Vitamine sind für den Stoffwechsel unentbehrlich – ein Vitaminmangel (Hypovitaminose) ruft deshalb häufig schwere, in der Regel aber behandelbare Mangelerkrankungen hervor. Wenn bestimmte Vitamine vollständig fehlen, spricht man von einer Avitaminose – sie kann bleibende Schäden hinterlassen.
Vitamin Aufgabe im Körper Tagesbedarf für gesunde Erwachsene und Vorkommen Mangelerscheinung Überversorgung Vitamin A (Retinol) ist fettlöslich. Der Körper stellt etwa zwei Drittel des Bedarfs selbst aus Vitaminvorstufen (Provitaminen) her (etwa aus dem in Gemüse und Früchten enthaltenen Provitamin Beta-Karotin). Die Aufnahme erfolgt über den Darm. Wichtig für: Nur bei streng veganer Ernährung, chronischen Darmerkrankungen sowie Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse: Nur bei Zufuhr über 5,4 mg pro Tag über mehrere Wochen. Selten bei einer Behandlung mit Retinoiden (z. B. gegen Akne oder Schuppenflechte). Beschwerden: Vitamin B1 (Thiamin) ist ein wasserlösliches Koenzym. Die Aufnahme erfolgt über den Darm. Fördert: Nicht bekannt Vitamin B6 (Pyridoxin) ist wasserlöslich, wird über den Darm aufgenommen; dazu notwendig: Vitamin B2. Praktisch nur bei Alkoholismus: Beschwerden: Vitamin B12 (Cobalamin, Cyanocobalamin, Extrinsic factor) ist wasserlöslich. Zur Aufnahme notwendig: ein „Schlüssel“ (Intrinsic factor), der in der Magenschleimhaut gebildet wird (Intrinsic factor). Die Aufnahme erfolgt im Darm. Wichtig für: Magenerkrankungen (Autoimmungastritis, mit nachfolgendem Intrinsic-factor-Mangel; Malabsorption, d. h. unvollständige Nährstoffaufnahme im Darm), streng vegane Ernährung: Nicht bekannt Vitamin C (Ascorbinsäure) zählt zu den wasserlöslichen Vitaminen. Aufnahme über den Darm. Der Körper kann Vitamin C nicht speichern und scheidet Überschüsse wieder aus. Wichtig für: Selten. Beschwerden: Vitamin D (Kalziferol, Calciferol) ist fettlöslich. 90% des Bedarfs werden im Körper aus Vitaminvorstufen (Provitaminen) unter Einwirkung des UV-Lichts der Sonne gebildet. Provitamine sind Vitamin D2 (Ergokalziferol, Ergocalciferol) und Vitamin D3 (Cholekalziferol, Cholecalciferol). Da Sonnenlicht zur Bildung oft nicht ausreicht, ist Zufuhr über die Nahrung notwendig. Fördert: Nur bei überdosierter Zufuhr. Beschwerden: Vitamin E (Alpha-Tocopherol sowie 6 andere Tocopherole)zählt zu den fettlöslichen Vitaminen, die über den Darm aufgenommen werden. Nicht bekannt Vitamin K (Phyllochinon) ist fettlöslich und wird über den Darm aufgenommen. Neben der Zufuhr durch die Nahrung wird es auch von Darmbakterien gebildet. Wichtig für: Nicht bekannt – auch die therapeutische Vitamin-K-Zufuhr führt nicht zu Thrombosen (wie man vermuten könnte). Biotin (Vitamin H) gehört zum wasserlöslichen Vitamin-B2–Komplex, wird durch die Nahrung zugeführt, aber auch von Darmbakterien gebildet. Aufnahme erfolgt über den Darm. Fördert Wachstum und Erhalt von: Sehr selten (manchmal in der Schwangerschaft bei unzureichender Ernährung): Nicht bekannt Folsäure (FH4) gehört zum wasserlöslichen Vitamin-B2–Komplex. Die Aufnahme erfolgt über den Darm. Wichtig für: Bei unausgewogener Ernährung, Alkoholismus, Schwangerschaft6, chronischen Erkrankungen: Nur durch künstliche Zufuhr möglich. Beschwerden: Niacin (Vitamin B3, Nicotinsäure, Nicotinamid, Vitamin PP) gehört zum wasserlöslichen Vitamin-B2-Komplex. Es wird über den Darm aufgenommen. Wichtig für: Heute sehr selten (allenfalls bei fast ausschließlicher Ernährung mit Mais oder bei Magersucht) Nur durch hochdosierte Niacinpräparate. Beschwerden: Pantothensäure (Vitamin B5) gehört zum wasserlöslichen Vitamin-B2-Komplex. Die Aufnahme erfolgt über den Darm. Wichtig für: Nicht bekannt Nicht bekannt Riboflavin, auch als Vitamin B2 bezeichnet, gehört zum wasserlöslichen Vitamin-B2-Komplex. Die Aufnahme erfolgt über den Darm. Wichtig für: Bei chronisch Leberkranken und strengen Veganern: Nicht bekannt 1 Die zusätzliche Einnahme von Beta-Karotin könnte bei Rauchern das Lungenkrebsrisiko erhöhen 2 Komplexe Vitaminmangelerkrankung. Trat in Entwicklungsländern z. B. nach der Einführung von Reisschälmaschinen auf und äußert sich in einer ausgedehnten Entzündung des peripheren Nervensystems, einer Herzmuskelschwäche und in Ödemen. 3 Hohe Dosen Vitamin C werden immer wieder zur Vorbeugung und Behandlung von Erkältungskrankheiten empfohlen. Studien zeigen jedoch, dass sich der natürliche Verlauf der Erkältung allenfalls marginal abmildern lässt – und das nur dann, wenn Vitamin C regelmäßig vorbeugend eingenommen wird. Die therapeutische Einnahme gleich zu Beginn einer Erkältung hat dagegen keine Wirkung. Möglicherweise kann aber die Einnahme von Vitamin C nach schweren Anstrengungen oder Unterkühlungen Erkältungen vorbeugen 4 Studien deuten darauf hin, dass Vitamin-C-Mangel Grauen Star begünstigt. 5 Bei der Geburt arbeitet die Leber noch nicht voll und die Darmbakterien sind noch nicht aktiv. Neugeborene erhalten deshalb eine „Startdosis“ Vitamin K (siehe auch Erstuntersuchung). Das beugt Hirnblutungen und anderen Komplikationen vor. 6 Bei Folsäuremangel in der Schwangerschaft drohen Fehlbildungen am Rückenmark (z. B. offener Rückenmarkskanal, Spina bifida). Deshalb wird die vorbeugende Einnahme von 400 µg Folsäure pro Tag kurz vor und während der Schwangerschaft empfohlen.
Erhebungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ergaben, dass die Vitaminversorgung in Deutschland mit Ausnahme von Vitamin D, Folsäure und Vitamin E im Großen und Ganzen ausreichend ist. Früher gefürchtete Vitaminmangelerkrankungen werden nur noch selten beobachtet. Allerdings gibt es nach wie vor Risikogruppen, bei denen der Vitaminbedarf nicht ausreichend gedeckt wird und die vereinzelt an durch Vitaminmangel bedingten Störungen leiden. Dazu gehören Menschen, die:
- Weniger als 1.500 kcal pro Tag z. B. im Rahmen von Diäten oder im Alter zu sich nehmen
- An Alkoholismus leiden
- Störungen bei der Verdauung und Verwertung von Nahrung aufweisen, etwa nach Operationen an Magen oder Darm
- Vegane oder andere extreme Kostformen praktizieren
- Sehr einseitige Ernährungsgewohnheiten haben
- Häufig oder regelmäßig bestimmte Medikamente einnehmen, z. B. Antibiotika, Blut-Gerinnungshemmer mit Phenprocoumon oder das Zytostatikum Methotrexat.
Oft stellt sich ein Vitaminmangel aber auch bei diesen Menschen erst durch ungünstige Ernährungsgewohnheiten ein. So lässt sich z. B. der Bedarf im Alter mit einer ausgewogenen Ernährung durchaus decken.
Im Kindes- und Jugendalter sowie in der Schwangerschaft und der Stillzeit ist der Vitaminbedarf erhöht – eine ausgewogene Ernährung deckt den Mehrbedarf jedoch vollständig ab. Ein besonderes Augenmerk soll dabei frischem Gemüse (schonend gegart) und Obst gelten. Sind bereits Mangelerscheinungen eingetreten, so bilden sich die Beschwerden nach Zufuhr der entsprechenden Vitamine in der Regel zurück. Das fehlende Vitamin muss dabei einzeln und in der richtigen Dosierung zugeführt werden, am besten nach ärztlicher Beratung. Die Dosierung in den überall erhältlichen Multivitaminpräparaten ist dafür meistens zu niedrig.