Knochenmark- und periphere Blutstammzelltransplantation

Bei der Blutstammzelltransplantation werden fehlende oder kranke Blutstammzellen des Patienten durch gesunde ersetzt, bei der peripheren Blutstammzelltransplantation aus Venenblut (daher peripher = am Rande des Körpers liegend). Bei der Knochenmarktransplantation werden die Stammzellen aus Knochenmark gewonnen. Einige wenige Blutstammzellen können auch aus Nabelschnurblut gewonnen werden, sie reichen aber mengenmäßig für einen Erwachsenen (derzeit) nicht aus.

In allen Fällen können die Blutstammzellen vom Patienten selbst (autologe Transplantation) oder von einem verwandten oder fremden Spender (allogene Transplantation) stammen. Was besser ist, hängt von der Grunderkrankung ab:

  • Bei Leukämien und malignen Lymphomen sind die Chancen nach Transplantation von Zellen eines verwandten Spenders am besten und bei Fremdspendern am zweitbesten. Steht kein Spender zur Verfügung, kann teilweise auf eigene Blutstammzellen ausgewichen werden, die zuvor im Labor von bösartigen Zellen „gereinigt“ wurden (Purging).
  • Bei manchen Formen krankhafter Abwehrschwäche (angeborene Immundefekte) oder Blutarmut können die Betroffenen keine normalen weißen oder roten Blutkörperchen bilden. Hier kommt entsprechend nur die Transplantation von Zellen eines verwandten oder fremden Spenders infrage.

Für die Gewinnung der Blutstammzellen gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Bei einer Knochenmarkspende werden die Blutstammzellen in Narkose durch vielfache Beckenkammpunktion gewonnen. Der Eingriff ist risikoarm.
  • Bei einer peripheren Blutstammzellspende werden die Stammzellen durch Stammzellapherese gewonnen. Der Spender spritzt sich mehrere Tage einen Wachstumsfaktor der Blutzellbildung unter die Haut, da sonst nicht genug Stammzellen im Blut vorhanden sind. Danach wird der Spender – ähnlich wie bei einer Dialyse („Blutwäsche“) – an eine Maschine angeschlossen, die vier Stunden lang die Stammzellen aus dem Blut filtert.

Der Ablauf für den Patienten. Ist ein geeigneter Spender gefunden, beginnt die Vorbereitung des Patienten, die Konditionierung, z. B. aus Hochdosis-Chemotherapie und Ganzkörperbestrahlung, um so viele Leukämiezellen wie irgend möglich zu vernichten.

Die Transplantation. Am „Tag 0“ verläuft die Transplantation selbst ganz unspektakulär, denn die Stammzellen werden durch eine einfache Transfusion übertragen. Sie finden dann allein den Weg vom Blut ins Knochenmark, siedeln sich dort an und beginnen, (gesunde) Blutkörperchen zu produzieren.

Nach der Transplantation beginnt die am stärksten belastende Phase der ersten 100 Tage. In den ersten 2–3 Wochen nach der Transplantation, der Aplasiephase, werden praktisch keine Blutkörperchen produziert, da die eigenen Stammzellen schon irreparabel geschädigt und die fremden noch nicht richtig „angegangen“ sind. Während rote Blutkörperchen und Blutplättchen durch Transfusionen ersetzt werden können, ist dies bei den weißen Blutkörperchen nicht der Fall. Deshalb würde jede Infektion das Leben bedrohen, weshalb vorbeugend die Isolierung des Patienten in einem keimarmen Einzelzimmer, penibelste Hygienemaßnahmen und vorbeugende Medikamentengaben nötig sind.

Das zweite große Risiko ist die Graft-versus-Host-Reaktion (Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion), bei der Abwehrzellen des Spenders zu Abstoßungsreaktionen gegen den Empfänger führen. Und zum dritten kann es sein, dass das Transplantat nicht angenommen wird, was eine erneute Transplantation notwendig macht.

Geht alles glatt, kann der Patient nach rund sechs Wochen aus dem Krankenhaus entlassen werden. Er muss aber noch im gesamten ersten Jahr nach der Transplantation zahlreiche Vorsichtsmaßnahmen einhalten, da das Immunsystem noch lange nicht wieder stabil ist.

Chancen und Risiken Die Frühkomplikationen der Stammzelltransplantation sind vor allem durch die Konditionierung bedingt und teils lebensbedrohlich – sie sind gewissermaßen der Preis, den der Betroffene für seine verbesserten Überlebenschancen bezahlt.

Autor*innen

Dr. med. Nicole Menche | zuletzt geändert am um 16:30 Uhr