Bei 60 Prozent aller Kniespiegelungen kommen Knorpeldefekte zum Vorschein. Bisher gab es für die Betroffenen nur wenig Hoffnung. Nun stellen Experten zwei Therapiemethoden zur Knorpelrekonstruktion vor.
Knorpel bilden die Pufferzone zwischen den Knochen eines Gelenks. Werden sie durch starke Belastung abgenutzt, reibt Knochen gegen Knochen und Schmerzen stellen sich ein. Defekte dieser Art galten bisher als unheilbar, da sich Knorpel nicht von selbst erneuern. Nun versprechen gleich zwei Therapiemethoden Linderung für geschundene Gelenke. Die eine regt den Körper an, neues Knorpelersatzgewebe zu bilden, die andere entspricht einer Knorpeltransplantation. Privatdozent Dr. Justus Gille, Oberarzt an der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikum Schleswig-Holsteins, stellt die beiden Verfahren vor.
Ersatzgewebe für Knorpeldefekte
Die erste Therapiemethode zielt darauf ab, den Defekt mit Knorpelersatzgewebe zu füllen. Zu diesem Zweck stimuliert der Chirurg das Knochenmark unterhalb des Knorpeldefekts. Als erstes entfernt er die beschädigten Knorpelanteile. Anschließend sticht er mit einer Ahle in das Knochenmark oder durchbohrt den Knochen mehrmals. In beiden Fällen fließt Blut. „In dem Knorpeldefekt bildet sich ein Gerinnsel, das neben roten Blutzellen auch Stammzellen enthält“, erklärt Dr. Gille. „Diese Stammzellen bilden dann einen Ersatzknorpel.“
Therapiemethoden zur Knorpeltransplantation
„Der Gelenkknorpel überdeckt nicht nur die Regionen, in denen die Knochen miteinander in Kontakt treten“, berichtet Dr. Gille. Knorpelanteile außerhalb der Gelenkregion bleiben unversehrt und eignen sich daher für eine Transplantation. Generell stehen zwei Methoden zur Verfügung, die beide im Rahmen einer Kniespiegelung erfolgen. Bei der Mosaikplastik entfernt der Arzt zylinderförmige Knorpelausschnitte und verpflanzt diese direkt in die defekte Stelle. Für die autologe Chondrozytentransplantation entnimmt er zunächst eine Gewebeprobe. Aus dieser isoliert er die Knorpelzellen (Chondrozyten), züchtet sie in einer Zellkultur an und bringt sie schließlich in das defekte Knorpelgewebe ein.
Erfolg ist vom Patientenalter abhängig
„Die bisherigen Studien haben gezeigt, dass viele Verfahren zur Knorpeldefektbehandlung in den ersten Jahren gute Ergebnisse liefern“, betont Dr. Gille. Welche Methode die beste ist, wird sich erst in der Langzeitanwendung erweisen. Fest steht bereits, dass die Verfahren nicht bei allen Patienten gleich erfolgreich verlaufen. „Die besten Ergebnisse werden bei jüngeren Menschen mit kleineren Knorpeldefekten erzielt. Wenn es bei älteren Menschen zu ausgedehnten Verschleißerscheinungen gekommen ist, ist es für die Knorpelersatztherapie in der Regel zu spät“, erklärt der Experte.