Klinische und Klassische Homöopathie

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Während die klassische Homöpathie das individuelle Krankheitsbild behandelt, vertraut die klinische Homöopathie auf eine Diagnose.

Die Homöopathie teilt sich heute in zwei Schulen, die sich vor allem darin unterscheiden, wie die verordneten Mittel ausgewählt werden: Die klassische Homöopathie wählt das Mittel nicht allein nach dem beobachteten Krankheitszeichen aus (etwa Husten oder Durchfall), sondern nach dem individuellen Krankheitsbild, und zu dem gehören nicht nur Eigenheiten des Patienten und seine gesamte Konstitution, sondern auch die beobachteten Begleiterscheinungen (etwa trockene Haut, rote Wangen), wie der Patient auf die Erkrankung reagiert, in welcher seelischen Verfassung er sich befindet, welche Gewohnheiten er auch an gesunden Tagen hat und so weiter. Entsprechend wichtig – und zeitaufwendig – ist ein einfühlsames diagnostisches Gespräch zur Abstimmung der Verordnung, die Fallaufnahme. Nach den im Gespräch gesammelten Informationen bildet der Therapeut das „Repertoire“ der Krankheitszeichen des Patienten und vergleicht es mit Profilen von rund 3 000 Arzneistoffen. Dieses Repertorisieren findet heute oft mit Computerunterstützung statt. Der Arzneistoff, der am besten zu den Beschwerden und anderen Merkmalen des Patienten passt, ist dann das passende Medikament.

Der möglichst genaue Blick auf die individuelle „Passung“ bedeutet auf der einen Seite, dass zwei Menschen mit immer wiederkehrenden Kopfschmerzen aufgrund ihrer verschiedenen Konstitution völlig unterschiedliche Mittel erhalten können, auf der anderen Seite aber auch, dass ein Patient mit Kopfschmerzen das gleiche Mittel bekommen kann wie einer mit Schlafstörungen.

Die klinische Homöopathie dagegen richtet sich bei der Auswahl des Medikaments vor allem nach dem erkrankten Organ bzw. nach der ärztlichen Diagnose (etwa Mandelentzündung oder Nebenhöhlenentzündung). Sie greift also teilweise auf Diagnosen der Schulmedizin zurück und ist weitaus weniger individuell als die klassische Homöopathie. Verordnet werden entweder Einzelmittel in eher niedriger Potenzierung, aber auch Mischungen aus verschiedenen, oft unterschiedlich potenzierten Einzelmitteln, die Komplexmittel. Letztere sind auf dem Etikett mit comp. (für compositum = zusammengesetzt) bezeichnet.

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Autor*innen

Dr. med. Herbert Renz-Polster | zuletzt geändert am um 11:54 Uhr