Welcher Trend zeichnet sich bei der Antibiotika-Verschreibung ab und wie schreitet die Bildung von Antibiotika-Resistenzen voran? Diese und andere Fragen beantworten Wissenschaftler anlässlich des diesjährigen Antibiotika-Tages.
Wer bekommt wo in Deutschland welche Antibiotika verordnet? Mit dieser Frage befassen sich die Wissenschaftler des Versorgungsatlasses. Ihr Leiter, Dr. Jörg Bätzing-Feigenbaum, berichtet: „Unsere aktuellen Analysen belegen, dass die Antibiotika-Therapie bei Kindern und Jugendlichen weiterhin statistisch signifikant rückläufig ist.“ So erhielten Kinder im Jahr 2014 weniger und schwächer dosierte Antibiotika als noch 2008. Bei Erwachsenen ist die Zahl der Antibiotika-Verordnungen hingen nicht zurückgegangen.
Regionale Unterschiede
Senioren über 70 Jahre nahmen 2014 ebenfalls weniger Antibiotika ein als in den Jahren zuvor. Besonders deutlich zeigte sich dieser Trend in Sachsen-Anhalt und Thüringen. In den neuen Bundesländern verschreiben Ärzte generell weniger Antibiotika als in den alten Bundesländern „Unsere Analysen liefern zwar keine Erklärung für die teilweise sehr deutlichen regionalen Unterschiede bei der Verordnung von Antibiotika“, kommentiert Dr. Bätzing-Feigenbaum, „sie zeigen aber, in welchen Regionen besonderer Handlungsbedarf besteht.“
Trends für bestimmte Antibiotika-Gruppen
Kritisch beurteilen die Autoren des Versorgungsatlasses den zunehmenden Einsatz von Antibiotika vom Typ der Cephalosporine. Neuere Wirkstoffe aus dieser Arzneistoffgruppe sind schweren Infektionen vorbehalten. Ihre inflationäre Verwendung begünstigt die Entstehung von Multiresistenzen. Doch es gibt auch positive Entwicklungen zu vermerken. So gingen 2014 weniger Fluorochinolone über den Ladentisch. Antibiotika dieser Art erhöhen das Risiko für lebensbedrohliche Darminfektionen mit dem Bakterium Clostridium difficile.
Gramnegative Antibiotika-resistente Keime im Vormarsch
Die statistische Häufigkeit von Antibiotika-Resistenzen in den europäischen Ländern erfasst das „European Antimicrobial Resistance Surveillance Network“ in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch Institut. Für Deutschland hat es gute Zahlen zu verzeichnen. So liegt der Anteil an Methicillin-resistenten Bakterien der Gattung Staphylococcus aureus bei 11,8 Prozent und damit unter dem europäischen Mittel von 18 Prozent. „Dennoch gibt es auch in Deutschland deutlichen Verbesserungsbedarf und neben positiven Entwicklungen auch problematische Trends, die unbedingt gestoppt werden müssen“, betont Lothar H. Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts. So steigt wie in anderen Ländern die Zahl der gramnegativen, antibiotikaresistenten Keime. Beispielsweise sind 10 Prozent der gramnegativen E. coli Bakterien resistent gegen Cephalosporine der 3. Generation und aus Indien und Asien schleppen Reisende E coli Bakterien mit Extended Spectrum Beta-Lactamasen (ESBL) ein.