Antibabypille

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Die Pille zählt zu den sichersten Verhütungsmitteln.

Die Pille (Antibabypille, Ovulationshemmer) ist in Deutschland das am häufigsten verwendete Verhütungsmittel, 38 % der Frauen im Alter zwischen 14 und 44 Jahren benutzen es. Obwohl es verschiedene Pillensorten gibt, werden sie meist nur als die „Pille" bezeichnet. Jede „Pille" besteht aus einer Kombination der künstlich hergestellten Geschlechtshormone Östrogen und Gestagen. Eine Ausnahme ist die Minipille, die ausschließlich Gestagen enthält. Durch die regelmäßige Hormoneinnahme wird dem Körper eine Hormonsituation wie nach dem Eisprung vorgetäuscht und dieser so verhindert. Als Verhütungsmittel ist die „Pille" sehr sicher. Geeignet für alle, insbesondere junge Frauen mit unregelmäßigem Zyklus und regelmäßigem Geschlechtsverkehr. Häufig wird die „Pille" aber auch aus medizinischen Gründen verschrieben, z. B. bei hormonell bedingten Hautproblemen wie einigen Aknearten, beim Prämenstruellen Syndrom, bei Zyklusstörungen und Störungen der Monatsblutung. Anderseits gibt es auch Ausschlusskriterien, bei denen von der „Pille" abzuraten ist. Die „Pille" wirkt ab dem ersten Einnahmetag und schützt auch während der einwöchigen Pillenpause.

Durchführung. Bevor der Frauenarzt die „Pille" verschreibt, wird er die Frau gynäkologisch untersuchen, sie nach ihrem Zyklus befragen und die eventuell bei ihr vorhandenen Risikofaktoren bzw. Ausschlusskriterien besprechen. Ziel dabei ist, das für die Frau verträglichste Präparat herauszufinden. Spricht nichts gegen die Einnahme der „Pille", verordnet der Frauenarzt in der Regel zunächst ein Präparat für drei Monate und danach größere Packungen für jeweils sechs Monate. Auch wenn die Frau gesund ist, muss sich der Körper erst an die „Pille" gewöhnen. Manche Beschwerden, wie leichte Kopfschmerzen oder Zwischenblutungen, sind in den ersten Monaten durchaus normal. Kommt es zu unangenehmeren Begleiterscheinungen, sollte der Frauenarzt aufgesucht werden.

Bei Mädchen unter 14 Jahren benötigt der Frauenarzt zum Verschreiben der „Pille" das schriftliche Einverständnis eines Elternteils, zwischen 14 und 16 Jahren wird er abwägen, ob er die „Pille" ohne Einverständnis verschreibt. Ab 16 braucht man keine Einverständniserklärung mehr.

Wichtig ist, die „Pille" immer etwa zur gleichen Zeit, z. B. abends vor dem Einschlafen einzunehmen. Eine vergessene „Pille" kann normalerweise innerhalb von 12 Stunden problemlos nachgeholt werden, bei mehr als 12 Stunden schützt sie nicht mehr zuverlässig, und bis zur nächsten Monatsblutung muss zusätzlich verhütet werden (z. B. mit Kondomen). Um Zwischenblutungen zu vermeiden, sollte die Packung auch bei einer vergessenen „Pille" zu Ende eingenommen werden. Nach der letzten Pilleneinnahme folgt eine Woche, während der die Frau ihre Monatsblutung (Abbruchblutung) bekommt. Danach beginnt man mit einer neuen Packung, auf die nach 21 Tagen die nächste Unterbrechung folgt. Die „Pille" lässt sich auch zur Vorverlegung oder und Verschiebung der Menstruation nutzen.

Die verschiedenen Präparate – es gibt über 100 – lassen sich in Gruppen einteilen:

  • Einstufige Einphasenpräparate enthalten in jeder Tablette die Hormone Östrogen und Gestagen, deren Dosierung während des Zyklus gleich bleibt (z. B. Diane 35®, Belara®, Valette®).
  • Ziel von mehrstufigen Einphasenpräparaten ist, die Hormondosis dem natürlichen Zyklus anzupassen; dies sind heute die gängigsten Präparate. Vor allem solche mit einem – im Vergleich zu Vorläuferpräparaten – niedriger dosierten und gut verträglichen Östrogenanteil von nur ~ 20 µg (0,02 mg), von manchen Herstellern auch Mikropillen genannt, werden heute von den Frauenärzten empfohlen. Bei zweistufigen Einphasenpräparaten ist die Gestagendosis in der ersten Zyklushälfte niedriger und in der zweiten etwas höher (z. B. Sequilar®). Bei dreistufigen Einphasenpräparaten variiert die Östrogen-Hormondosis in drei Stufen (z. B. Triquilar®).
  • Zweiphasenpräparate enthalten in der ersten Zyklushälfte nur Östrogen und in der zweiten zusätzlich Gestagen (z. B. Ovanon®, Oviol®).

Die dreifach verhütende Wirkung der „Pille" umfasst die Hemmung der Geschlechtshormonausschüttung, wodurch die Eizelle nicht reift und es nicht zum Eisprung kommt. Zum zweiten verfestigt die „Pille" den Schleimpfropfen im Gebärmutterhals und die Spermien können nicht in die Gebärmutter eindringen. Und schließlich baut sich die Gebärmutterschleimhaut nur unzureichend auf, so dass sich ein eventuell trotzdem befruchtetes Ei nicht einnisten kann.
Georg Thieme Verlag, Stuttgart

In der Praxis unterscheidet der Arzt weiter östrogenbetonte Pillen (z. B. Oviol®) von gestagenbetonten (z. B. Marvelon®). Diese Unterscheidung ist vor allem bei auftretenden Nebenwirkungen wichtig: Können diese vornehmlich der Östrogen- oder der Gestagenkomponente des Pillenpräparats zugeordnet werden, gelingt oft eine Besserung der Beschwerden, indem auf ein Präparat mit anderer Hormonbetonung gewechselt wird.

Sicherheit. Mit einem Pearl-Index von 0,5 gehört die „Pille" zu den sichersten Verhütungsmitteln. Aber auch hier gibt es Ausnahmefälle: Bei Erbrechen oder Durchfall schützt die „Pille" nicht mehr ausreichend und es muss zusätzlich verhütet werden.

Ausschlusskriterien (Kontraindikationen). Bei vielen Vorerkrankungen birgt die Einnahme der „Pille" wesentlich größere Risiken. Besonders drohen schwere Erkrankungen durch Gefäßverschlüsse, also Thrombosen, Embolien und sogar Schlaganfälle. Deshalb sollte von der „Pille" Abstand nehmen, wer:

Risiken bei langjähriger Kontrazeption. Abgesehen von der Gefahr, eine Thrombose oder Embolie zu entwickeln, birgt die langjährige Einnahme oraler hormoneller Verhütungsmittel keine Gesundheitsrisiken. Auch für ein erhöhtes Krebsrisiko konnte eine seit 1968 in England laufende Studie keine Anhaltspunkte finden. Weder wiesen die Forscher ein größeres Brustkrebsrisiko nach, noch fanden sie einen Zusammenhang zwischen der Einnahme oraler Kontrazeptiva und der Entstehung von Karzinomen der Lunge, des Magen-Darm-Trakts, der Schilddrüse oder der Haut. Für Krebsarten wie Eierstock- und Endometriumkarzinome erkannten sie sogar schützende Effekte. Lediglich Frauen, die mit dem humanen Papillom-Virus infiziert waren und mehr als fünf Jahre die Pille eingenommen hatten, wiesen ein dreifach erhöhtes Risiko für Gebärmutterhalskrebs auf. Dabei ist aber bisher unklar, ob es sich um einen ursächlichen oder fördernden Effekt handelt.

Viele Frauen haben das Gefühl, dass sie durch die „Pille“ zunehmen. Wissenschaftlich ist dies jedoch nicht bewiesen. Manche Frauen berichten sogar von einer Gewichtsabnahme während der Pilleneinnahme.

Wechselwirkung mit Medikamenten. Die Hormone der „Pille" werden in der Leber abgebaut – wie viele andere Medikamente auch. Einige Medikamente wie z. B. Antiepileptika, Psychopharmaka und einige länger eingenommene Antibiotika kurbeln den Leberstoffwechsel an, so dass die „Pille" schneller als normal abgebaut wird und ihre Wirkung damit nachlässt. Unregelmäßige Schmierblutungen können ein Zeichen für die herabgesetzte Wirkung sein.

Viele Pillenhersteller weisen auch daraufhin, dass die gleichzeitige Einnahme von Johanniskrautpräparaten die Wirkung der „Pille" vermindern kann. Studienergebnisse ergaben jedoch, dass diese Wirkminderung nur unwesentlich ist.

Absetzen der „Pille". Wird die „Pille" abgesetzt, besteht ab sofort kein Verhütungsschutz mehr. Frauen reagieren sehr unterschiedlich auf das Absetzen der „Pille". Bei manchen erfolgt der nächste Eisprung unmittelbar danach, bei vielen Frauen bleibt er aber für einige Monate aus, was bei bestehendem Kinderwunsch häufig Ängste auslöst, obwohl die „Pille" nach allem, was internationale Studien ergeben haben, die Fruchtbarkeit nach Absetzen nicht beeinträchtigt. Ein häufiges Absetzen und Wiederanfangen der „Pille" sollte trotzdem vermieden werden, denn Pillenpausen setzen den Organismus wegen der hormonellen „Wechselbäder" einem sinnlosen Stress aus.

In Deutschland ist die „Pille" verschreibungspflichtig: Gegen Rezept sind verschiedene Pillenpräparate in allen Apotheken erhältlich. Bei Frauen unter 18 Jahren übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten, Frauen zwischen 18 und 20 zahlen nur die Rezeptgebühr. Ab 20 müssen die Kosten selbst getragen werden – außer bei Verordnung aus medizinischen Gründen (z. B. gegen Akne) – dann zahlt in der Regel die Kasse.

Effekte

Was man tun kann

Erwünschte Wirkungen

1„Pille" auch ohne Verhütungswunsch (kostenlos) verschreibbar

2 Präparat mit höherer Östrogendosis sinnvoll

Eher östrogenbedingte Nebenwirkungen

  • Kopfschmerzen, Migräne3
  • Übelkeit
  • Stimmungsschwankungen, Verlust an Lebensfreude3
  • Gewichtszunahme3
  • Krampfadern
  • Ödeme (Wassereinlagerungen, z. B. in den Beinen)
  • Spannungsgefühl in den Brüsten
  • Hautpigmentflecken4

Wechsel auf gestagenbetontes Präparat

3 Verzicht auf „Pille" erwägen

4„Pille" abends einnehmen, starkes Sonnenlicht meiden

Eher gestagenbedingte Nebenwirkungen

  • Trockene Scheide
  • Akne
  • Haarausfall
  • (sexuelle) Lustlosigkeit4
  • Stimmungsschwankungen4
  • Gewichtszunahme4
  • Ausbleiben der Regel

Wechsel auf östrogenbetontes Präparat

4 Verzicht auf „Pille" erwägen

Übersicht über die kurzfristigen Nebenwirkungen der „Pille". Sehr oft lassen sich die unerwünschten Nebenwirkungen durch einen Präparatwechsel in den Griff bekommen. Dazu gibt diese Tabelle – ein „Spickzettel" für Ärzte – eine Hilfestellung. Sie ist allerdings nicht als unumstößliches Gesetz zu verstehen. Manche Nebenwirkungen wie z. B. die Gewichtszunahme können je nach Typ eher gestagen- oder auch östrogenbedingt sein. Außerdem hat die „Pille" bei jahrelanger Einnahme auch langfristige Nebeneffekte. Diese sind zahlreich, wobei sich erwünschte Effekte, wie eine erniedrigte Erkrankungshäufigkeit an Gebärmutter- und Eierstockkrebs, und unerwünschte Nebenwirkungen, wie eine höhere Erkrankungsrate an Bluthochdruck oder Thrombosen, in etwa die Waage halten, wenn die Ausschlusskriterien bei der Verordnung beachtet werden.

Weiterlesen: andere hormonelle Verhütungsmethoden

Autor*innen

Dr. med. Andrea Stadler, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). | zuletzt geändert am um 11:18 Uhr