Handbeschwerden ohne Gewalteinwirkung

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Ein gezieltes Training der Hand-Muskeln kann Beschwerden verringern.

Greifen, Tippen, Drehen oder Ziehen – unsere Hände sind immer in Aktion. Wie sehr man im Alltag auf die Hände angewiesen ist, bemerkt man spätestens dann, wenn Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen auftreten.

Das kann ganz plötzlich passieren, etwa wenn man über einen längeren Zeitraum eine ungewohnte oder gleichförmige Bewegung ausführt. Die Bewegung kann dabei ganz unspektakulär sein – zum Beispiel langes Tippen auf der Tastatur. Die beanspruchten Strukturen, etwa die Sehnen, reagieren auf eine solche Überbelastung mit einer Reizung oder Entzündung.

Hinter Beschwerden an den Händen können aber auch langjährige Abnutzungsprozesse stecken. In der Medizin nennt man solche Verschleißerscheinungen "degenerativ". Ein typisches Beispiel dafür sind Arthrosen. Charakteristisch ist dann, dass sich die Schmerzen langsam einschleichen. Meist leiden Betroffene anfangs nur bei Bewegung unter Beschwerden, später treten die Schmerzen auch in Ruhe auf. Manche Erkrankungen fördern Handgelenksarthrosen, zum Beispiel ein schlecht verheilter Knochenbruch. Wenn die Knochen nicht richtig aufeinanderstehen, ist der Handgelenksknorpel überbeansprucht und verschleißt. Auch chronische Entzündungsprozesse wie beim Rheuma können den Knorpel schädigen und in eine Arthrose münden.

Rheumatoide Erkrankungen führen nicht nur über den Umweg einer Arthrose zu Beschwerden an der Hand. Geschwollene, schmerzende Fingergelenke sind ein typisches frühes Symptom rheumatoider Erkrankungen. Sie sind Ausdruck der akuten Entzündung in den Gelenken.

Neben Knochen, Knorpeln und Sehnen stecken auch Nerven hinter Handbeschwerden. Gestresste oder geschädigte Nerven fallen durch Kribbeln, Taubheit und im schlimmsten Fall durch Lähmungen auf. Die Ursache ist häufig, dass ein Nerv in seinem Verlauf eingeengt wird. Ein klassisches Beispiel ist das Karpaltunnelsyndrom. Der Karpaltunnel befindet sich auf Höhe des Handgelenks und bildet eine enge Durchtrittsstelle für die Sehnen der Hand und für einen Nerven (Nervus medianus). Unterschiedlichste Ursachen – zum Beispiel eine Überbelastung, aber auch eine Schwangerschaft oder Übergewicht – engen den Karpaltunnel noch mehr ein. In der Folge hat der durchtretende Nerv nicht mehr genug Platz und wird "gequetscht".

Beschwerdebilder, ihre Ursachen, Maßnahmen und Selbsthilfe

Ziehende Schmerzen im Handgelenk, oft auch Daumen und Unterarm, nach ungewohnter oder monotoner Tätigkeit (z. B. Tippen); Schmerzen anfangs v. a. beim Zugreifen, später auch in Ruhe; oft Schwellung des Handgelenks

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen in die Hausarztpraxis oder zur Orthopäd*in

Selbsthilfe:

  • Schonung
  • Sportsalben mit Ibuprofen oder Diclofenac (z. B. Diclac® Schmerzgel)
  • Verbesserung der Arbeitsplatzergonomie (z. B. ergonomische Tastatur und Maus)

Bewegungs- und Druckschmerzen am seitlichen Handgelenk, meist beim Tennisspielen

Ursachen:

  • Styloiditis ulnae
  • Styloiditis radii

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen in die Hausarztpraxis oder zur Orthopäd*in

Selbsthilfe:

  • Schonung, Sportsalben

Zunehmende Bewegungs-, später auch Ruheschmerzen im Handgelenk; zunehmende Einschränkung der Bewegungsfähigkeit; evtl. Schwellung und Rötung

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen in die Hausarztpraxis oder zur Orthopäd*in

Wiederholte Schmerzen in einem überstreckbaren Handgelenk, oft bei allgemeiner Bindegewebsschwäche

Ursache:

  • Hypermobiles Handgelenk (häufig bei jungen Frauen, evtl. kombiniert mit Überbeweglichkeit anderer Gelenke)

Maßnahme:

  • Bei Gelegenheit in die Hausarztpraxis oder zur Orthopäd*in

Selbsthilfe:

  • Trainieren der Unterarmmuskulatur

Schmerzen, Kribbeln und/oder Taubheitsgefühl an Fingerspitzen (außer kleinem Finger), evtl. auch Innenhand und Unterarm; nächtliches Aufwachen mit "eingeschlafener Hand"

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen in die Hausarztpraxis oder zur Orthopäd*in, wenn die Beschwerden wiederholt auftreten

Selbsthilfe:

  • Gelenkschoner tragen
  • Verbesserung der Arbeitsplatzergonomie
  • Kalte bis lauwarme Wassergüsse

Kribbeln und Taubheitsgefühl an kleinem Finger und Ringfinger, später evtl. Handlähmungen bis zur Ausbildung einer "Krallenhand"

Ursache:

  • Einengung des Nervus ulnaris, z. B. beim Sulcus-Ulnaris-Syndrom, oft bei häufigem Aufstützen des Ellenbogens oder monotonen Bewegungen im Ellenbogen

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen in die Hausarztpraxis oder zur Orthopäd*in, wenn die Beschwerden länger als einige Tage bestehen bleiben

Zunehmende Schmerzen im untersten Daumengelenk und evtl. Unterarm, zunächst nur beim Zufassen, später auch in Ruhe; Kraftlosigkeit im Daumen; evtl. druckschmerzhafte Schwellung

Ursache:

  • Rhizarthrose (Arthrose des Gelenks zwischen Handwurzel und erstem Mittelhandknochen)

Maßnahme:

  • Bei Gelegenheit in die Hausarztpraxis oder zur Orthopäd*in

Selbsthilfe:

  • Bei akuter Verschlechterung Kälteanwendungen, z. B. Eisbeutel, Kühlpack
  • Bei chronischen Beschwerden Wärme, Knetübungen, z. B. mit warmem Sand

Langsam zunehmende Bewegungsschmerzen in Fingergelenken; knotige Auftreibung, zeitweise auch Schwellung und Rötung; morgendliche Steifigkeit; später auch Ruheschmerzen und Einschränkungen der Beweglichkeit

Ursache:

Arthrosen der Fingergelenke (Fingerpolyarthrose), als

  • Bouchard-Arthrose in den Fingermittelgelenken
  • Heberden-Arthrose in den Fingerendgelenken

Maßnahme:

  • Bei Gelegenheit in die Hausarztpraxis oder zur Orthopäd*in

Selbsthilfe:

  • Bei akuter Verschlechterung Kälteanwendungen, z. B. Eisbeutel, Kühlpack
  • Bei chronischen Beschwerden Wärme, Knetübungen, z. B. mit warmem Sand

Schubweise zunehmende, meist symmetrische Schmerzen in Fingergrund- und Mittelgelenken; morgendliche Steifigkeit; spindelförmige Schwellungen; starker Druckschmerz (z. B. beim Händedruck); oft auch andere Gelenke betroffen (z. B. Knie, Schulter)

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen in die Hausarztpraxis oder zur Orthopäd*in

Selbsthilfe:

  • Bei akuten Beschwerden Kälteanwendungen, z. B. Eisbeutel, Kühlpack
  • Bei chronischen Beschwerden Bewegungsübungen, z. B. mit Qui-Gong-Kugeln

Schubweise auftretende, asymmetrische Schmerzen und Schwellungen an Finger- und Zehengelenken; schuppige Hautausschläge

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen in die Hausarztpraxis oder zur Orthopäd*in

Selbsthilfe:

  • Bei akuten Beschwerden Kälteanwendungen, z. B. Eisbeutel, Kühlpack

Morgendliche Schmerzen in Hand- und/oder Fingergelenken; Gelenke meist äußerlich unauffällig; oft Kniegelenke auch betroffen; Hautveränderungen im Gesicht

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen in die Hausarztpraxis

Schmerzhafte Streck- und evtl. Beugehemmung in Fingergrundgelenken; Überwinden des Widerstandes führt zu schmerzhaftem Schnappen; Druckschmerz und evtl. Knoten an der Beugeseite des Gelenks

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zur Orthopäd*in oder in die Hausarztpraxis

Selbsthilfe:

  • Vermeiden von belastenden Tätigkeiten
  • Kälteanwendungen, z. B. Eisbeutel, Kühlpack

Rasch zunehmende, pochende Schmerzen, Rötung und Schwellung an einem Finger; oft um den Nagel herum; manchmal sichtbare Eiterblase oder Gelbfärbung unter einem Nagel; meist nach (kleinen) Verletzungen, z. B. einem Nadelstich

Ursache:

Bakterielle Infektion, z. B. als

  • Nagelbettentzündung
  • Nagelfalzentzündung
  • Panaritium (eitrige Entzündung am Finger)

Maßnahmen:

  • Sofort in die Hausarztpraxis oder in die Klinik bei Fieber, großer Ausdehnung oder eitriger Entzündung
  • Sonst in den nächsten Tagen in die Hausarztpraxis, wenn sich die Beschwerden nicht bessern

Selbsthilfe bei leichteren Entzündungen:

  • Mehrmals täglich Fingerbad in warmem Wasser mit Kamillenextrakt (z. B. Kamillopur®)

Anfallartige, scharf begrenzte Weißfärbung von Fingern mit Taubheitsgefühl und Kribbeln; meist ausgelöst durch Stress oder Kälte; Anfallsdauer wenige Minuten

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen nach erstmaligem Auftreten in die Hausarztpraxis

Selbsthilfe:

  • Bei Kälte Taschenwärmer und warme Handschuhe verwenden
  • Im Anfall Hände massieren, bewegen, unter die Achseln stecken oder in fließend warmes Wasser halten

Zunehmende Streckhemmung und Krümmung der Finger; Beginn am Klein- und Ringfinger; tastbare, später auch sichtbare Knoten und Stränge an der Innenhand

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen zur Orthopäd*in oder in die Hausarztpraxis

Prall-elastische, kugelige, oft druckempfindliche Schwellung an Handgelenk oder Fingern

Ursache:

Maßnahme:

  • Bei Gelegenheit zur Orthopäd*in, wenn das Ganglion über längere Zeit Beschwerden verursacht oder kosmetisch stört

Vorübergehende Lähmung der Streckmuskeln von Hand und Fingern (Fallhand) nach längerem Herabhängen des Arms über eine harte Kante

Ursache:

  • Reizung des Radialisnerven durch anhaltenden Druck auf den Achselbereich, z. B. durch Gehstützen, Lehnen über eine Parkbank oder Auflegen des Kopfes im Schlaf

Maßnahme:

  • Am selben Tag in die Hausarztpraxis, wenn die Beschwerden länger als einige Stunden anhalten

Ihre Apotheke empfiehlt

Kälte.

Im akuten Entzündungsstadium lindert Kälte Schmerzen und Gelenkschwellungen. Das gilt von der Sehnenscheidenentzündung über den akuten Arthrose-Schub bis hin zum Rheuma. Eisbeutel und Kühlpacks legt man am besten direkt aus dem Gefrierfach mehrmals täglich für einige Minuten auf die schmerzenden Gelenke. Die Beutel sollten dazu immer in ein Tuch eingeschlagen werden, damit die Haut keine Erfrierungsschäden davonträgt.

Wärme.

Chronische Schmerzen sprechen meist besser auf Wärme an, zum Beispiel in Form eines erwärmten Kirschkernkissens. Zum Einsatz kommen solche Wärmequellen also zum Beispiel in der "Ruhephase" einer Handgelenks- oder Fingerarthrose. Während Kühlpacks direkt auf dem Gelenk platziert werden, hilft die Wärme vor allem auf den Muskeln darunter und darüber. Dort sorgt die Wärme dafür, dass der Blutzufluss zum Gelenk steigt und lockert die bei Arthrose oft stark angespannten Muskeln und Sehnen.

Gelenke bandagieren.

Beim Karpaltunnelsyndrom leiden Betroffene oft vor allem nachts unter Schmerzen und Kribbeln. Denn beim Schlafen knickt man unbewusst die Handgelenke ab und verengt den Karpaltunnel zusätzlich. Abhilfe schaffen dann Bandagen, die das Gelenk in einer neutralen Position fixieren.

Schmerzsalben.

Entzündungshemmer wie Diclofenac gibt es nicht nur als Tabletten, sondern auch in Salbenform. Auf die Haut aufgetragen, haben die Schmerzmittel weniger Nebenwirkungen – helfen dafür allerdings auch nicht jedem. Studien zeigen aber, dass aber zumindest manche Menschen merklich von den Salben profitieren.

Ergonomisch bewegen.

Egal ob beim Karpaltunnelsyndrom, der Sehnenscheidenentzündung oder der Arthrose – bei allen Erkrankungen ist Überbelastung ein entscheidender Faktor. Deswegen lohnt es sich, Bewegungsroutinen kritisch zu prüfen, zum Beispiel mit der Unterstützung einer Ergotherapeut*in. Im Büro kann zum Beispiel ein falscher Winkel zwischen Unterarm und Tastatur der Auslöser für die Beschwerden sein. Beim Einkaufen verteilen Taschen mit breiten Griffen das Gewicht besser in den Händen. Unterstützend helfen Übungen, die die Hände und Finger gezielt kräftigen und beweglich halten. Solche Übungen erklären Ihnen beispielsweise Physiotherapeut*innen.

Autor*innen

Dr. med. Arne Schäffler; Dr. med. Brigitte Strasser-Vogel; in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Redaktionelle Bearbeitung: Sara Steer | zuletzt geändert am um 14:15 Uhr


Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist nach wissenschaftlichen Standards verfasst und von Mediziner*innen geprüft worden. Die in diesem Artikel kommunizierten Informationen können auf keinen Fall die professionelle Beratung in Ihrer Apotheke ersetzen. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbständig Diagnosen zu stellen oder mit einer Therapie zu beginnen.