Die Glücksforschung hat es bewiesen: Jeder Mensch besitzt ein individuelles Glücksniveau, das er lebenslang beibehält und auch bei Schicksalsschlägen oder Jubelereignissen in der Regel nur vorübergehend verlässt. Die Skala „normaler“ Stimmungstypen reicht dabei von Frohnaturen mit scheinbar unbeirrbarem Optimismus bis zu Menschen mit trauriger, depressiver Grundstimmung. Neueste Forschungen zeigen allerdings, dass sich die Fähigkeit zum Glücklichsein auch in gewissem Umfang trainieren lässt.
Krankheitswert bekommen Trauerphasen mit länger andauernder Niedergeschlagenheit erst, wenn sie ungewöhnlich lang anhalten, unverhältnismäßig stark ausgeprägt sind und/oder ohne erkennbaren Anlass auftreten. Dann verbirgt sich dahinter eine psychische oder körperliche Erkrankung, angefangen von Depressionen über Persönlichkeitsstörungen bis hin zu Organstörungen. Häufig sind hormonelle Schwankungen für die Symptome verantwortlich: Bei Frauen etwa in den Wechseljahren, nach der Schwangerschaft oder monatlich wiederkehrend vor der Periode. Auch die Schilddrüsenunterfunktion ist häufig ein Auslöser für depressive Verstimmungen.
Abhängig von der Ursache und der Persönlichkeit des Betroffenen ist Niedergeschlagenheit häufig verbunden mit weiteren, psychischen Beschwerden: Energiemangel und Apathie kommen ebenso häufig vor wie Reizbarkeit, Unruhe oder Schlafstörungen. Oft treten auch körperliche Begleitbeschwerden auf, z. B. Gewichtsverlust oder Kopfschmerzen.
Beschwerdebilder, ihre Ursachen, Maßnahmen und Selbsthilfe
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Ständige Traurigkeit, innere Leere und Energiemangel; Morgentief, Besserung am Abend; schwere Schlafstörung, typischerweise Durchschlafstörung; Freudlosigkeit, evtl. sogar „Gefühl der Gefühllosigkeit“; Verlust jedes sexuellen Interesses, evtl. Ausbleiben der Regelblutung
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Wechselnde Traurigkeit, schlechte Laune, Energiemangel und vermindertes Selbstwertgefühl; Leistungsfähigkeit wenig beeinträchtigt
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Traurigkeit, Angst und Besorgnis nach belastenden Ereignissen; oft Apathie, Rückzug, aber auch Überaktivität; evtl. Gefühl der Betäubung
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Ständig gedrückte Stimmung mit Gefühl der Hilflosigkeit und Schwäche
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Wechselnde Traurigkeit und Launenhaftigkeit mit Aggressivität
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Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit und Nervosität während der Wechseljahre
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Niedergeschlagenheit und Nervosität vor der Monatsblutung; Schlafstörungen; oft unkontrolliertes Weinen
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Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit und Ängste bis zu 12 Monate nach einer Geburt; Schlafstörungen, Dauermüdigkeit; oft unkontrolliertes Weinen
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Traurigkeit und Gleichgültigkeit mit zunehmender Vergesslichkeit und/oder Verlangsamung
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Traurigkeit in Verbindung mit neurologischen Beschwerden wie Lähmungen, Bewegungsstörungen; Sehstörungen, Sprachstörungen; Krampfanfällen
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Traurigkeit und Reizbarkeit nach einer Kopfverletzung; rasche Ermüdbarkeit; oft Kopfschmerzen; Dauer oft Wochen bis Monate
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Traurigkeit und Energiemangel in Verbindung mit inneren Erkrankungen oder chronischen Schmerzen
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Wechselnde Traurigkeit, Angst und Unruhe bei Alkohol- oder Drogenmissbrauch; häufig Aggressivität; manchmal Halluzinationen
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Niedergeschlagenheit bei Medikamenteneinnahme
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Ständige Traurigkeit, innere Leere und Energiemangel; Morgentief, Besserung am Abend; schwere Schlafstörung, typischerweise Durchschlafstörung; Freudlosigkeit, evtl. sogar „Gefühl der Gefühllosigkeit“; Verlust jedes sexuellen Interesses, evtl. Ausbleiben der Regelblutung
Ursachen:
- Depression
- Reaktive Depression, Reaktion auf eine Lebenskrise
- Winterdepression, Reaktion auf Lichtmangel
- Hormonstörung wie Schilddrüsenunterfunktion
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zur Psychiater*in oder in die Hausarztpraxis
Hilfe durch Angehörige:
- Betroffene zum Besuch in der Arztpraxis motivieren und begleiten wegen möglicher Selbstmordgefahr
- Tabletten außer Reichweite bringen
Wechselnde Traurigkeit, schlechte Laune, Energiemangel und vermindertes Selbstwertgefühl; Leistungsfähigkeit wenig beeinträchtigt
Ursachen:
- Depressive Persönlichkeitsstörung
- Depressive Verstimmung
- Leitbeschwerde anderer seelischer Störung, z. B. Angststörung
Maßnahme:
- In den nächsten Wochen in die Hausarztpraxis oder zur Psychiater*in oder Psycholog*in
Selbsthilfe:
- Johanniskrautpräparate, am besten nach ärztlicher Absprache
- Entspannungsverfahren
Traurigkeit, Angst und Besorgnis nach belastenden Ereignissen; oft Apathie, Rückzug, aber auch Überaktivität; evtl. Gefühl der Betäubung
Ursachen:
- Posttraumatische Belastungsstörung
- Reaktive Depression, Reaktion auf eine Lebenskrise, z. B. Todesfall, Trennung, schwere Erkrankung
Maßnahme:
- Baldmöglichst fachliche Hilfe einholen in der hausärztlichen, psychiatrischen oder psychologischen Praxis sowie in Krisenzentren
Selbsthilfe:
- Entspannungsverfahren
- Regelmäßige Bewegung
Ständig gedrückte Stimmung mit Gefühl der Hilflosigkeit und Schwäche
Ursachen:
- Abhängige Persönlichkeitsstörung
- Depressive Persönlichkeitsstörung
Maßnahme:
- In den nächsten Wochen in die hausärztliche, psychiatrische oder psychologische Praxis
Wechselnde Traurigkeit und Launenhaftigkeit mit Aggressivität
Ursachen:
- Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ
- Dissoziale Persönlichkeitsstörung
Maßnahme:
- In den nächsten Wochen in die hausärztliche, psychiatrische oder psychologische Praxis
Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit und Nervosität während der Wechseljahre
Ursache:
- Typische Wechseljahresbeschwerden
Maßnahme:
- Bei Gelegenheit zur Gynäkolog*in oder in die hausärztliche Praxis
Selbsthilfe:
- Entspannungsverfahren
- Regelmäßige Bewegung
- Johanniskrautpräparate
Niedergeschlagenheit und Nervosität vor der Monatsblutung; Schlafstörungen; oft unkontrolliertes Weinen
Ursache:
- Prämenstruelles Syndrom (PMS)
Maßnahme:
- Bei Gelegenheit zur Gynäkolog*in oder in die hausärztliche Praxis
Selbsthilfe:
- Entspannungsverfahren
- Präparate mit Agnus Keuschlammfrüchten
Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit und Ängste bis zu 12 Monate nach einer Geburt; Schlafstörungen, Dauermüdigkeit; oft unkontrolliertes Weinen
Ursachen:
- Baby-Blues (3–10 Tage nach der Geburt)
- Wochenbettdepression (Beginn oft erst Monate nach der Entbindung)
- Wochenbettpsychose
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen Beschwerden mit der Frauenärzt*in oder Hebamme besprechen
Traurigkeit und Gleichgültigkeit mit zunehmender Vergesslichkeit und/oder Verlangsamung
Ursachen:
- Schwere Depression
- Chronische organische Psychose, z. B. Alzheimer-Demenz, vaskuläre Demenz (gefäßbedingte Demenz), Huntington-Krankheit
- Gehirntumor
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen in die hausärztliche Praxis oder zur Psychiater*in
Traurigkeit in Verbindung mit neurologischen Beschwerden wie Lähmungen, Bewegungsstörungen; Sehstörungen, Sprachstörungen; Krampfanfällen
Ursache:
Begleiterscheinung neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen wie
Maßnahme:
- Beim nächsten Termin die behandelnde Ärzt*in informieren
Traurigkeit und Reizbarkeit nach einer Kopfverletzung; rasche Ermüdbarkeit; oft Kopfschmerzen; Dauer oft Wochen bis Monate
Ursache:
Folge einer
- Schädelprellung
- Gehirnerschütterung (Commotio cerebri)
- Schädel-Hirn-Verletzung (SHT)
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zur Hausärzt*in
Selbsthilfe:
Traurigkeit und Energiemangel in Verbindung mit inneren Erkrankungen oder chronischen Schmerzen
Ursachen:
- Begleiterscheinung zahlreicher Organerkrankungen und Infektionen
- Reaktive Depression
Maßnahme:
- Beim nächsten Termin die behandelnde Ärzt*in informieren
Selbsthilfe:
- Entspannungsverfahren
- Selbsthilfegruppen
Wechselnde Traurigkeit, Angst und Unruhe bei Alkohol- oder Drogenmissbrauch; häufig Aggressivität; manchmal Halluzinationen
Ursache:
- Häufige Wirkung, Nachwirkung und Entzugsbeschwerde bei
- Abhängigkeit von harten Drogen wie Kokain, Designerdrogen, Heroin
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen in die hausärztliche oder psychiatrische Praxis
Niedergeschlagenheit bei Medikamenteneinnahme
Ursache:
Häufige Nebenwirkung (v. a. zu Beginn der Einnahme), z. B. von
- Bluthochdruckmitteln
- Schmerz- und Rheumamitteln (NSAR)
- Beruhigungsmitteln (Tranquilizer)
- Hormonpräparaten wie der "Pille"
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zur Hausärzt*in, wenn das Mittel ärztlich verordnet wurde und Sie unter der veränderten Stimmung leiden
Selbsthilfe:
- Bei Selbstmedikation Mittel absetzen
Ihre Apotheke empfiehlt
Professionelle Hilfe suchen.
Viele Betroffene scheuen den Weg in die Arztpraxis – entweder aus Scham oder weil Ihnen die Energie dazu fehlt. Machen Sie sich klar: Schwere Depressionen gehen oft mit Selbstmordgedanken einher – und ohne Hilfe von außen erwächst daraus nicht selten ein tatsächlicher Selbstmordversuch. Wenden Sie sich also frühzeitig an Ihre Hausärzt*in, um zu klären, ob die Vorstellung in einer psychiatrischen oder psychologischen Praxis nötig ist.
Aus der Deckung kommen.
Auch wenn es nicht leicht ist: Sprechen Sie über Ihre Erkrankung. Nur so haben Freunde und Angehörige eine Chance, die richtige Unterstützung zu bieten. Sozialer Rückzug und die daraus resultierende Einsamkeit verschlimmern die Symptome hingegen meist noch.
Aktiv werden.
Bei milderen Symptomen hilft häufig eine aktivere Lebensgestaltung gegen die Niedergeschlagenheit. Bewegung an der frischen Luft – vor allem in der Gruppe – hebt die Laune. Auch soziales Engagement hilft vielen Betroffenen, wieder mehr Sinn im Leben zu empfinden. Bei klinischen Depressionen hingegen sollten Angehörige nicht zu viel Druck machen, weil sich die Erkrankten dann noch weiter zurückziehen.
Arbeitsplatz.
Auch wenn Sie nicht verpflichtet sind, Ihre Krankheitsdiagnosen am Arbeitsplatz offenzulegen, sollten Sie genau das in Erwägung ziehen. Denn die Mehrzahl der Vorgesetzten reagiert heutzutage verständnisvoll und kann auch akzeptieren, dass Sie in der Regel zu Beginn Ihrer Erkrankung noch nicht sagen können, wie lange sie krank sein werden. Zu überlegen ist nach längerer Kranschreibung auch, stufenweise wieder in den Job zurückzukehren: zum Beispiel eine Woche 3 Stunden täglich, die zweite Woche 6 Stunden täglich und dann erst wieder Vollzeit.
Probleme anpacken.
Auch wenn es trivial klingt: Ungelöste Konflikte drücken auf die Stimmung, und zwar selbst dann, wenn man gar nicht an sie denkt. Auch hier bietet sich professionelle Hilfe an. Bei Beziehungskonflikten zum Beispiel durch eine Paarberatung oder -therapie.
Meditation.
Mehr als nur ein Trend aus Fernost: Viele aktuelle Studien weisen darauf hin, dass sich durch Meditation Gehirnstrukturen nachhaltig verändern. Das regelmäßige Üben entspannt nicht nur, sondern kann auch helfen, negative Reaktions- und Gedankenmuster zu durchbrechen. Im Rahmen der Selbsthilfe profitieren vor allem leichter depressiv Erkrankte von Meditationsübungen. Doch auch hier gilt: Bei einer schweren klinischen Depression ist Vorsicht geboten, weil sich die Symptome zunächst verschlechtern können.
Johanniskraut.
Der Helfer aus der Natur wird inzwischen in jeder Apotheke, etwa in Tablettenform, angeboten und hilft vor allem bei milden depressiven Episoden. Da Johanniskraut viele Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten hat, sollten Sie die Einnahme aber mit Ihrer Apotheker*in besprechen oder vorher ärztlich abklären. Das heißt auch: Johanniskraut kann den Besuch einer Arztpraxis nicht ersetzen! Frauen sollten wissen, dass bei der Einnahme von Johanniskraut die „Pille“ nicht mehr schützt.