Plötzlich auftretende, nicht unterdrückbare Muskelzuckungen (Myoklonien) hat wohl jeder schon erlebt: etwa als Lidzucken nach stundenlanger Bildschirmarbeit oder im Bett als Einschlafzuckungen.
Solche Zuckungen sind lästig, aber häufig harmlos. Zum Beispiel ist der Einschlaf- bzw. Aufwachmyoklonus eine normale Erscheinung im Rahmen des „Programmwechsels“, den das Großhirn zwischen Wachsein und Schlafen vornimmt.
Manchmal jedoch stecken hinter den Muskelzuckungen auch ernsthafte Erkrankungen. Dazu zählen besondere Formen der Epilepsie, aber auch Gehirnentzündungen oder die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit. Ebenso können Stoffwechselstörungen Zuckungen auslösen, etwa bei Unterzuckerung (Hypoglykämie), Leber- und Nierenversagen. Ein vererbbares Syndrom mit Myoklonien ist die Startle-Erkrankung. Babys mit dieser Störung sind am ganzen Körper angespannt und reagieren auf kleinste Reize mit heftigen Zuckungen an Armen und Beinen. Mit zunehmendem Alter bessern sich die Beschwerden, zur Behandlung werden Antiepileptika eingesetzt.
Nicht zuletzt wird die Ärzt*in immer auch überprüfen, ob Medikamente für die Zuckungen verantwortlich sind. In Frage kommen beispielsweise bestimmte Antidepressiva wie Lithium oder Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI).
Übrigens: Der Tic, wie er beispielsweise beim Tourette-Syndrom auftritt, gehört nicht zu den Myoklonien. Denn in diesem Fall lässt sich die Zuckung zumindest für eine kurze Zeit unterdrücken. Das gelingt bei Myoklonien nicht.
Beschwerdebilder, ihre Ursachen, Maßnahmen und Selbsthilfe
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Zuckungen einzelner Muskeln beim Einschlafen oder Aufwachen
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Heftige Muskelzuckungen in Schrecksituationen, oft bei mehreren Familienmitgliedern
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Muskelzuckungen ohne erkennbaren Anlass; evtl. zusätzlich langsame, unwillkürliche Bewegungen; oft bei mehreren Familienmitgliedern
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Wiederholte Zuckungen bestimmter Gesichtsmuskeln, z. B. sichtbares Grimassieren, Kopfrucken, Stirnrunzeln; evtl. auch ungewollte Lautäußerungen; oft bei männlichen Jugendlichen
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Zuckendes Augenlid; ein- oder beidseitig
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Muskelzuckungen und heftiger Bewegungsdrang in den Beinen; Empfindungsstörungen, z. B. Kribbeln; Verschlechterung in Ruhephasen, v. a. abends und nachts
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Einzelne oder wiederholte Muskelzuckungen an einem Arm oder Bein ohne Bewusstseinsverlust; evtl. wandernd oder sich ausbreitend
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Rhythmische Muskelzuckungen mit plötzlichem Bewusstseinsverlust; am ganzen Körper oder an einzelnen Körperteilen; evtl. wandernd oder sich ausbreitend; Dauer Sekunden bis Minuten
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Muskelzuckungen mit verschiedenen neurologischen Beschwerden; evtl. Lähmungen, Empfindungsstörungen; evtl. Seh- oder Sprachstörung; evtl. Bewusstseinstrübung
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Muskelzuckungen, Unruhe und Schwitzen bei bekanntem Diabetes
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Zuckungen („Flügelschlagen“) beim Ausstrecken der Hände; Gelbsucht (Ikterus); zunehmende Benommenheit
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Muskelzuckungen bei Medikamenteneinnahme
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Muskelzuckungen beim Absetzen von Medikamenten
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Zuckungen einzelner Muskeln beim Einschlafen oder Aufwachen
Ursache:
- Normale Erscheinung als Einschlaf- oder Aufwachmyoklonus
Maßnahme:
- Keine Behandlung erforderlich
Heftige Muskelzuckungen in Schrecksituationen, oft bei mehreren Familienmitgliedern
Ursache:
- Startle-Erkrankung
Maßnahme:
- An sich harmlose Erkrankung, bei auffallend schreckhaften Babys in den nächsten Tagen sicherheitshalber in die Kinderarztpraxis
Muskelzuckungen ohne erkennbaren Anlass; evtl. zusätzlich langsame, unwillkürliche Bewegungen; oft bei mehreren Familienmitgliedern
Ursachen:
- Essenzieller Myoklonus (seltene, ungefährliche, erbliche Erkrankung, gekennzeichnet durch spontan auftretende Zuckungen verschiedener Muskeln)
- Myoklonus-Dystonie (genetisch bedingte Störung mit Muskelzuckungen und lang anhaltenden, unwillkürlichen Muskelverkrampfungen, vorzugsweise an Hals und Händen)
Maßnahme:
- Bei erstmaligem Auftreten in den nächsten Tagen zur Neurolog*in oder in die Hausarztpraxis
Wiederholte Zuckungen bestimmter Gesichtsmuskeln, z. B. sichtbares Grimassieren, Kopfrucken, Stirnrunzeln; evtl. auch ungewollte Lautäußerungen; oft bei männlichen Jugendlichen
Ursachen:
- Tic
- Tourette-Syndrom
- Nebenwirkung von Stimulanzien (z. B. Ritalin®)
- Selten: Epilepsie mit komplex-fokalen Anfällen oder klonischen Anfällen
Maßnahmen:
- Am selben Tag zur Neurolog*in oder in die Hausarztpraxis, wenn die Zuckungen in Serien auftreten oder mit einer Bewusstseinsstörung verbunden sind
- Sonst in den nächsten Wochen in die Hausarztpraxis, Kinderarztpraxis oder zur Neurolog*in
Zuckendes Augenlid; ein- oder beidseitig
Ursachen:
- Nervöse Zuckungen z. B. bei Müdigkeit, Überanstrengung der Augen
- Blinzel-Tic
- Selten: Epilepsie mit komplex-fokalen Anfällen oder klonischen Anfällen
Maßnahme:
- Am selben Tag zur Neurolog*in oder in die Hausarztpraxis, wenn die Zuckungen in Serien auftreten oder mit einer Bewusstseinsstörung verbunden sind
Erstmaßnahme:
- Augen für 10 Sekunden in der hohlen Hand entspannen (Palmieren)
Muskelzuckungen und heftiger Bewegungsdrang in den Beinen; Empfindungsstörungen, z. B. Kribbeln; Verschlechterung in Ruhephasen, v. a. abends und nachts
Ursache:
- Restless-Legs-Syndrom (RLS, Syndrom der unruhigen Beine)
Maßnahme:
- Bei erstmaligem Auftreten in den nächsten Tagen in die Hausarztpraxis oder zur Neurolog*in
Selbsthilfe:
- Beispielsweise abendliches Fahrradfahren, Schwimmen, Massage der Beine
Einzelne oder wiederholte Muskelzuckungen an einem Arm oder Bein ohne Bewusstseinsverlust; evtl. wandernd oder sich ausbreitend
Ursache:
- Epilepsie mit einfach-fokalen Anfällen
Maßnahme:
- Am selben Tag zur Neurolog*in oder in die Hausarztpraxis
Rhythmische Muskelzuckungen mit plötzlichem Bewusstseinsverlust; am ganzen Körper oder an einzelnen Körperteilen; evtl. wandernd oder sich ausbreitend; Dauer Sekunden bis Minuten
Ursachen:
- Epilepsie mit Grand-mal-Anfällen oder myoklonischen Anfällen
- Zerebraler Gelegenheitsanfall, z. B. bei Fieber, Alkoholrausch
- Adams-Stokes-Anfall, z. B. bei koronarer Herzkrankheit (KHK)
- Orthostatische Dysregulation
- Vasovagale Synkope (Ohnmacht durch Reiz auf das vegetative Nervensystem)
- Karotissinus-Syndrom
Maßnahme:
- Notärzt*in rufen, außer wenn eine Epilepsie bekannt ist
Muskelzuckungen mit verschiedenen neurologischen Beschwerden; evtl. Lähmungen, Empfindungsstörungen; evtl. Seh- oder Sprachstörung; evtl. Bewusstseinstrübung
Ursachen:
- Schlaganfall
- Chronische Subduralblutung
- Schädel-Hirn-Verletzung (Schädel-Hirn-Trauma, SHT)
- Gehirnentzündung
- Gehirntumor
- Multiple Sklerose
- Parkinson-Krankheit
Maßnahmen:
- Notärzt*in rufen bei neu auftretenden Muskelzuckungen mit Kopfschmerzen und/oder Bewusstseinstrübung
- Sonst in den nächsten Tagen zur Neurolog*in oder in die Hausarztpraxis
Muskelzuckungen, Unruhe und Schwitzen bei bekanntem Diabetes
Ursache:
- Unterzuckerung (Hypoglykämie)
Maßnahmen:
- Notärzt*in rufen, wenn das Bewusstsein getrübt ist
- Bei Bewusstsein sofort Traubenzucker, Softdrink oder Fruchtsaft einnehmen bzw. einflößen
Zuckungen („Flügelschlagen“) beim Ausstrecken der Hände; Gelbsucht (Ikterus); zunehmende Benommenheit
Ursache:
- Schwere Leberschäden z. B. Leberzirrhose
Maßnahme:
- Am selben Tag in die Hausarztpraxis oder in die Notaufnahme
Muskelzuckungen bei Medikamenteneinnahme
Maßnahme:
Nebenwirkung, z. B. von
- Antidepressiva wie Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern
- Parkinson-Medikamenten
- Neuroleptika
- Antiepileptika
- Asthmamitteln
Maßnahme:
- Beim nächsten Arztbesuch ansprechen, wenn das Mittel ärztlich verordnet wurde und Sie unter den Zuckungen leiden
Selbsthilfe:
- Bei Selbstmedikation Mittel absetzen
Muskelzuckungen beim Absetzen von Medikamenten
Ursache:
Entzugserscheinung bei Abhängigkeit von
- Schlafmitteln
- Beruhigungsmitteln (Tranquilizer)
Maßnahme:
- Am selben Tag in die Hausarztpraxis, Entzug nur unter ärztlicher Kontrolle möglich
Ihre Apotheke empfiehlt
Entspannen.
Lidzucken ist zwar lästig, aber meist harmlos. Wer trotzdem etwas dagegen unternehmen möchte, sollte auf Entspannung setzen. Dann helfen zum Beispiel viel Schlaf und autogenes Training. Auch regelmäßige Pausen bei der Bildschirmarbeit verbessern das Zucken oft. Meist genügt es schon, immer wieder für einige Momente aus dem Fenster zu schauen oder die Augen in unterschiedliche Richtungen zu bewegen.
Kreativ werden.
Deutlich quälender als Lidzuckungen sind unruhige Beine, also das sogenannte Restless-Legs-Syndrom. Da es häufig im Bett auftritt, können Betroffene oft stundenlang nicht einschlafen oder wachen nachts davon auf. Ein Patentrezept gegen die Zuckungen im Bein gibt es leider nicht, weswegen viele Betroffene erfinderisch werden. Positive Berichte gibt es über abendliches Radfahren oder kalt-warme Wechselduschen vor dem Zu-Bett-Gehen. Andere berichten von guten Erfahrungen mit Beinmassagen oder hochgelagerten Füßen. Noch mehr Tipps finden Sie im Artikel „Restless-Legs-Syndrom“.
Medikamente prüfen.
Sie nehmen seit kurzem ein neues Medikament ein? Dann könnte auch dieses für die Zuckungen verantwortlich sein. Halten Sie also unbedingt Rücksprache mit Ihrer Ärzt*in oder Apotheker*in. Setzen Sie das Medikament aber auf keinen Fall einfach ab, denn auch der Entzug kann Zuckungen auslösen. Dann muss die Einnahme kontrolliert unter ärztlicher Aufsicht nach und nach reduziert werden. Übrigens: Auch beim Entzug von Alkohol oder Drogen kommt es häufig zu Zuckungen.
Arztpraxis aufsuchen.
Die meisten Zuckungen sind ungefährlich. In einigen Fällen sollten Sie aber immer eine Ärzt*in hinzuziehen. Das gilt etwa, wenn andere Symptome wie ein Bewusstseinsverlust oder Benommenheit hinzukommen. Auch wenn Vorerkrankungen wie Diabetes oder ein Leber- oder Nierenversagen bekannt sind, können die Zuckungen ein Warnhinweis sein. Selbst wenn „nur" Stress hinter anhaltenden Zuckungen steckt, kann ein Gespräch mit der Hausärzt*in ratsam sein.