Schwindel ist ein häufig auftretendes Phänomen und nicht unbedingt krankhaft. Entscheidend ist, ob und wenn ja durch welche Kopf- und Körperstellungen oder Bewegungen er ausgelöst oder verstärkt wird. Tritt Schwindel fast ausschließlich unter bestimmten Bewegungen und Lagerungen auf, spricht der Arzt von Bewegungsschwindel oder Lagerungsschwindel. Zwei Erkrankungen sind besonders häufig:
Gutartiger Lagerungsschwindel ist eine häufige, harmlose Erkrankung. Bei Seitwärtslage des Kopfs verlagern sich kleinste Steinchen (Otolithen) im Gleichgewichtsorgan des Innenohrs und führen zu heftigen, sekundenlangen Drehschwindelattacken. Sie werden schwächer, wenn sie mehrmals kurz hintereinander provoziert werden. Auch ohne Behandlung klingt die Erkrankung meist nach 6–8 Wochen ab, kann jedoch wiederkehren.
Im hohen Lebensalter, also ab etwa 75 oder 80 Jahren, leiden sehr viele Menschen an Bewegungs- oder Lagerungsschwindel, ohne dass dafür ein fassbarer Grund gefunden werden kann. Diese oft auch als Altersschwindel bezeichnete Form des Schwindels ist häufig, aber nicht immer Folge der körperlichen Veränderungen im Alter in Kombination mit alterstypischen Erkrankungen und der Nebenwirkungen von Medikamenten.
Beschwerdebilder, ihre Ursachen, Maßnahmen und Selbsthilfe
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Wiederkehrender, kurzdauernder Drehschwindel, mit Übelkeit bei Lagewechsel des Kopfs; meist bei Neigung oder Seitdrehung des Kopfs; besonders morgens, auch beim Aufstehen oder Hinsetzen
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Schwindel v. a. bei Kopfbewegungen; evtl. Nackenverspannung, Kopf-, Schulter- und/oder Armschmerzen; selten Gefühlsstörungen und/oder Lähmungserscheinungen an Schultern und/oder Armen
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Plötzlicher, heftiger Drehschwindel mit Verstärkung bei Kopfbewegungen; oft starkes Krankheitsgefühl, Übelkeit; Besserung nach Stunden bis Tagen, Normalisierung meist nach 2 bis 3 Wochen; evtl. wiederholtes Auftreten
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Schwankschwindel bei Lagewechseln wie beim Aufstehen; Schweißausbruch, Übelkeit, Herzklopfen; evtl. Schwarzwerden vor Augen, Bewusstlosigkeit
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Schwindel und Übelkeit bei passiver Bewegung, z. B. im Auto oder auf dem Schiff
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Dreh- oder Schwankschwindel bei Lagewechsel und/oder Kopfbewegungen; Taubheitsgefühl; Lähmungen (auch im Gesicht); Sprach-, Schluck- und/oder Sehstörungen; Kopfschmerzen
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Benommenheitsschwindel bei Medikamenteneinnahme, oft verstärkt bei Lagewechsel und/oder Kopfbewegungen
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Schwindelsymptome bei Lagewechseln wie beim Aufstehen, bei abrupten Kopfbewegungen und ohne jeden Auslöser v. a. bei hoch betagten Menschen und gleichzeitiger Einnahme von Medikamenten
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Wiederkehrender, kurzdauernder Drehschwindel, mit Übelkeit bei Lagewechsel des Kopfs; meist bei Neigung oder Seitdrehung des Kopfs; besonders morgens, auch beim Aufstehen oder Hinsetzen
Ursachen:
- Gutartiger Lagerungsschwindel
- Selten: Zentraler Lagerungsschwindel, z. B. bei Multipler Sklerose, Gehirntumor, nach Schlaganfall
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zum Hausarzt
Selbsthilfe bei gutartigem Lagerungsschwindel:
- Lagerungstraining
Schwindel v. a. bei Kopfbewegungen; evtl. Nackenverspannung, Kopf-, Schulter- und/oder Armschmerzen; selten Gefühlsstörungen und/oder Lähmungserscheinungen an Schultern und/oder Armen
Ursache:
HWS-Syndrom, z. B. bei Fehlbelastung und Fehlhaltung, etwa
- Mangelhafter Ergonomie am Arbeitsplatz
- Bandscheibenschäden
- Blockierungen von Halswirbeln
- Beschleunigungsverletzung (Schleudertrauma)
Maßnahmen:
- Bei Lähmungen am selben Tag zum Hausarzt oder Orthopäden
- Sonst in den nächsten Tagen zum Arzt
Selbsthilfe:
- Wärmeanwendungen im Nacken, z. B. heiße Rolle
- Verbesserung der Arbeitsplatzergonomie, Ausgleichsbewegungen
- Rückenschule
- Entspannungsverfahren
- Ausgleichssport
Plötzlicher, heftiger Drehschwindel mit Verstärkung bei Kopfbewegungen; oft starkes Krankheitsgefühl, Übelkeit; Besserung nach Stunden bis Tagen, Normalisierung meist nach 2 bis 3 Wochen; evtl. wiederholtes Auftreten
Ursache:
- Akute Vestibulopathie (Neuronitis vestibularis; einseitiger Ausfall eines Gleichgewichtsorgan, z. B. verursacht durch eine lokale Durchblutungsstörung oder eine Virusinfektion)
Maßnahme:
- Bei starken Beschwerden Besuch durch Hausarzt
Selbsthilfe:
- Anfangs Bettruhe, Kopf ruhig halten
- Später Balanceübungen
Schwankschwindel bei Lagewechseln wie beim Aufstehen; Schweißausbruch, Übelkeit, Herzklopfen; evtl. Schwarzwerden vor Augen, Bewusstlosigkeit
Ursache:
Maßnahme:
- Sofort zum Hausarzt nach kurzfristiger Bewusstlosigkeit
- In den nächsten Wochen zum Arzt bei neuem Auftreten der Beschwerden
Selbsthilfe:
- Schnelle Lagewechsel vermeiden
- Wechselduschen und Bürstenmassagen
- Ausreichend Schlaf, möglichst mit erhöhtem Oberkörper
- Regelmäßige Bewegung
- Niedrigen Blutdruck behandeln lassen
Schwindel und Übelkeit bei passiver Bewegung, z. B. im Auto oder auf dem Schiff
Ursache:
- Reisekrankheit (Kinetose)
Selbsthilfe:
- Kopf unbewegt halten, Fahrzeugbewegungen mitverfolgen oder hinlegen
- Bonbons lutschen, Kaugummi kauen
- Evtl. Tabletten oder Zäpfchen gegen Übelkeit
Dreh- oder Schwankschwindel bei Lagewechsel und/oder Kopfbewegungen; Taubheitsgefühl; Lähmungen (auch im Gesicht); Sprach-, Schluck- und/oder Sehstörungen; Kopfschmerzen
Ursachen:
- Multiple Sklerose
- Transitorische ischämische Attacke (TIA)
- Abgelaufener Schlaganfall im Hirnstamm
- Migräne im Hirnstamm
- Gehirntumor
Erstmaßnahme:
- Bei plötzlichem Auftreten Notarzt rufen oder in die nächste Klinik, wenn die Ursache (noch) nicht bekannt ist
Benommenheitsschwindel bei Medikamenteneinnahme, oft verstärkt bei Lagewechsel und/oder Kopfbewegungen
Ursache:
Häufige Nebenwirkung, z. B. von
- Bluthochdruckmitteln
- Beruhigungsmitteln (Tranquilizer) und andere Psychopharmaka
- Antiepileptika
- Antidepressiva
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen zum Arzt oder Neurologen
Schwindelsymptome bei Lagewechseln wie beim Aufstehen, bei abrupten Kopfbewegungen und ohne jeden Auslöser v. a. bei hoch betagten Menschen und gleichzeitiger Einnahme von Medikamenten
Ursache:
Maßnahme:
- In den nächsten Wochen zum Arzt
Selbsthilfe:
- Vorsicht und volle Konzentration bei Lagewechseln
- Möglichst viel Bewegung
- Kreislaufstimulierende Maßnahmen wie Wechselduschen, Kneipp-Übungen
- Absetzen und Umstellen von Medikamenten (z. B. Bluthochdruckmitteln, Beruhigungsmitteln) nur in Rücksprache mit dem Arzt
Ihre Apotheke empfiehlt
Gang- und Gleichgewichtstraining.
Gang- und Gleichgewichtstraining mit gezielten Übungen und eingeübten Lagerungsmanövern verbessert die Gleichgewichtsreaktionen. Dazu werden beim Betroffenen kontrolliert Stand- und Gangunsicherheiten hervorgerufen und Korrekturbewegungen eingeübt, bis diese bei Bedarf jederzeit abrufbar sind. Dadurch werden Schonhaltungen und Vermeidungsverhalten vermieden. Gang- und Gleichgewichtstraining kann im Rahmen einer Physiotherapie erfolgen und ggf. wiederholt verordnet werden.
Lagerungstraining.
Beim Lagerungstraining nimmt der Patient wiederholt eine ganz bestimmte Körperlage ein, wodurch das Gehirn lernt die unsinnigen Schwindelsymptome zu unterdrücken.
Medikamente.
Antivertiginosa, also Arzneimittel gegen Schwindel, wie Betahistin oder Dimenhydrinat, empfehlen wir nur kurzfristig und auf ärztliche Anordnung, da sie oft deutliche Nebenwirkungen wie Übelkeit haben. Auch bessern sie zwar die Beschwerden bei akuten Schwindelanfällen, beseitigen jedoch nicht deren Ursache.
Eine pflanzliche Alternative bietet der Ginkgo-biloba-Extrakt EGb 761 in höherer Dosierung (240 mg pro Tag).
Befreiungsmanöver.
Werden Ablagerungen kleiner Kalzitsteinchen im Bogengang des Ohrs als Ursache für den Schwindel vermutet, hilft das sogenannte Befreiungsmanöver. Dabei werden die Steinchen durch eine eingeübte Bewegungsabfolge in weniger schwindelauslösende Regionen des Innenohres verlagert. Die entsprechende Bewegungsabfolge lernt der Patient beim HNO-Arzt und kann sie anschließend eigenständig zu Hause durchführen.
Sturzprophylaxe.
Bei akutem Schwindel drohen Stürze. Maßnahmen der Sturzprophylaxe helfen Stürze und daraus resultierende Verletzungen zu verhindern. Dazu zählen:
- Gehhilfen verwenden wie Gehstöcke und Rollator
- Wohnraum anpassen, z. B. Handgriffe und Handläufe an Treppen anbringen und steile Treppen absichern, etwa mit Schutzgittern oder Treppenkantenprotektoren; ggf. ist ein Wohnungswechsel erforderlich
- Muskeln stärken durch leichten Sport oder gymnastische Übungen.