Verwirrtheit und Desorientierung

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Fehlt die räumliche und zeitliche Orientierung, spricht man von Verwirrtheit.

"Wissen Sie, wo Sie sind und wie Sie heißen?" – Können Betroffene diese Frage nicht schlüssig beantworten, liegt ziemlich sicher Verwirrtheit vor, also eine Schwierigkeit, sich räumlich und zeitlich zu orientieren. Auch das Gedächtnis, die Merkfähigkeit und die Konzentration leiden bei Verwirrtheit. Manche Verwirrte sind zudem auffallend unruhig und umtriebig, meist auch unfähig, eine geordnete Unterhaltung zu führen. Ihre Handlungen passen oft nicht zur Situation, sind gelegentlich aggressiv oder selbstzerstörerisch. Die Betroffenen sind sich sehr wohl bewusst, dass etwas nicht in Ordnung ist und geraten deswegen manchmal sogar in Panik.

Die Ursachen für eine Verwirrtheit sind vielfältig. Tritt sie ganz plötzlich auf, ist auf jeden Fall an einen Schlaganfall zu denken – vor allem bei gleichzeitigen Sprachstörungen und Lähmungserscheinungen. Schleicht sich die Verwirrung eher ein und wird immer stärker, ist vor allem bei älteren Menschen eine Demenz wahrscheinlich. Immer abgeklärt werden sollte auch, ob die Betroffenen genug trinken. Denn auch Austrocknung zeigt sich oft durch Verwirrtheit.

Ebenso lösen einige chronische Krankheiten Verwirrtheit aus – etwa, wenn bei Diabetes der Blutzucker entgleist oder sich durch ein Nierenversagen harnpflichtige Stoffe im Blut ansammeln. Auch eine psychiatrische Erkrankung wie eine Psychose kann die Ursache sein. Nicht zuletzt sollte bei verwirrten Menschen immer überprüft werden, ob sie unter dem Einfluss von Drogen, Medikamenten oder Alkohol stehen.

Beschwerdebilder, ihre Ursachen, Maßnahmen und Selbsthilfe

Plötzliche Verwirrtheit, oft mit neurologischen Beschwerden; evtl. Seh- oder Sprachstörungen; evtl. halbseitige Lähmungen; evtl. Empfindungsstörungen

Ursachen:

Maßnahmen:

  • Notärzt*in rufen, wenn die Beschwerden länger als einige Minuten anhalten
  • Sofort zur Hausärzt*in, wenn die Beschwerden nach wenigen Minuten verschwunden sind

Plötzliche Verwirrtheit mit Schwitzen und Zittern bei bekanntem Diabetes

Ursache:

  • Unterzuckerung (Hypoglykämie) oder hypoglykämischer Schock bei Diabetes

Maßnahmen:

  • Notärzt*in rufen bei eingetretener Bewusstlosigkeit
  • Bei erhaltenem Bewusstsein Fruchtsaft oder zuckerhaltiges Getränk geben oder einflößen

Plötzliche Verwirrtheit und fehlende Reaktion auf Ansprechen für 1–2 Minuten; evtl. unmotivierte Bewegungen wie Nesteln, Kauen, Lecken; anschließend keine Erinnerung an das Ereignis

Ursache:

Maßnahmen:

  • Am selben Tag zur Neurolog*in, Psychiater*in oder Hausärzt*in bei erstmaligem Auftreten
  • Betroffene während des akuten Anfalls nicht festhalten, um aggressive Reaktionen und Selbstverletzung zu vermeiden

Wechselnde Verwirrtheitszustände mit Zittern der Hände, Schwitzen und Gewichtsverlust; Durchfall; evtl. Hervortreten der Augäpfel

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zur Hausärzt*in

Zunehmende Verwirrtheit und Bewusstseinstrübung bei meist bekannter Nierenerkrankung; urinartiger Mundgeruch; Zittern der Hände; Erbrechen, (blutiger) Durchfall

Ursache:

Urämie (Harnvergiftung) bei

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zur Hausärzt*in

Zunehmende Verwirrtheit und Bewusstseinstrübung bei meist bekannter Lebererkrankung; Gelbsucht (Ikterus); Händezittern, verwaschene Sprache

Ursachen:

  • Hepatische Enzephalopathie, z. B. bei Leberzirrhose
  • Leberausfallkoma

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zur Hausärzt*in

Akute Verwirrtheit und Desorientierung mit Gedächtnisstörung; ängstliche Unruhe oder Erregung; evtl. Halluzinationen (z. B. Sehen kleiner Tiere) oder Wahnvorstellungen; evtl. Bewusstseinsstörung; evtl. Schwitzen, Zittern; evtl. Fieber

Ursache:

Akute organische Psychose und Delir, z. B. bei

Maßnahme:

  • Sofort zur Hausärzt*in, Psychiater*in oder in die nächste Klinik

Über Monate bis Jahre zunehmende Verwirrtheit und Desorientierung mit Gedächtnisstörungen; Beginn mit Verlangsamung, Umständlichkeit, Problemen beim abstrakten Denken

Ursache:

Chronische organische Psychose, z. B. bei

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen zur Hausärzt*in

Selbsthilfe:

  • Gedächtnis- und Konzentrationsübungen
  • Soziale Teilhabe (z. B. Treffen mit Angehörigen, Theaterbesuch)

Anhaltende Verwirrtheit mit Wahnvorstellungen und oft bizarrem Verhalten; sprunghaftes Denken; oft kommentierende Stimmen, eigenartige Leibgefühle; oft Gefühl des Gedankenentzugs

Ursachen:

Maßnahme:

  • Sofort zur Psychiater*in

Verwirrtheit und evtl. Halluzinationen bei Alkohol- und Drogenkonsum

Ursache:

  • Rauschzustand oder Alkohol bei Konsum oder bei chronischer Alkoholabhängigkeit und Drogenabhängigkeit

Maßnahme:

  • Am selben Tag zur Hausärzt*in bei Verwirrtheit mit starker Angst

Verwirrtheit, Unruhe und evtl. Halluzinationen bei Medikamenteneinnahme

Ursache:

Nebenwirkung, z. B. von

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zur Hausärzt*in, wenn das Mittel ärztlich verordnet wurde

Selbsthilfe:

  • Bei Selbstmedikation Mittel absetzen

Ihre Apotheke empfiehlt

Orientierungspunkte schaffen.

Ist die Verwirrtheit kein vorübergehender Zustand, sondern wie bei der Demenz bleibend, profitieren viele Betroffene von Orientierungshilfen im Alltag. Vertrauen schafft zum Beispiel ein regelmäßiger Tagesablauf. Auch Kleinigkeiten, wie vertraute Gegenstände und Bilder in der Umgebung können Sicherheit vermitteln. Auch wenn es manchmal anstrengend ist, sollte Betroffenen immer wieder Tageszeit und Aufenthaltsort genannt und die Situation oder eventuelle Pflegemaßnahmen erklärt werden.

Umgebung überschaubar machen.

Zumindest in der Umwelt kann für Betroffene für Klarheit gesorgt werden. Ruhige, helle Räumlichkeiten helfen bei der Orientierung, genauso wie gut angepasste Seh- und Hörhilfen. In der Nacht tragen Nachtlichter dazu bei, sich schneller und besser zurecht zu finden.

Hilfe holen.

Begegnungen mit verwirrten Menschen können Angst machen und überfordern. Gerade im öffentlichen Raum ist die Versuchung groß, wegzuschauen und einfach weiterzugehen. Bedenken Sie aber, dass Betroffene sich oft massiv selbst gefährden. Rufen Sie besser die Polizei oder den Rettungsdienst.

Augen nicht verschließen.

Viele Angehörige nehmen den Zustand von Betroffenen erst spät wahr oder ignorieren ihn aus Hilflosigkeit. Hinter "Opa wird halt alt" können aber behandlungsbedürftige Erkrankungen stecken. Deswegen lohnt sich der Besuch bei der Hausärzt*in, die dann weitere Schritte einleiten kann.

Umfeld informieren.

Leiden Sie an einer chronischen Krankheit wie Diabetes oder Epilepsie, sollten Sie Ihr Umfeld besser darüber informieren. Nur so können Ihre Mitmenschen schnell und richtig reagieren, wenn Ihre gesundheitliche Situation doch einmal außer Kontrolle gerät und Sie sich in einem Zustand der Verwirrtheit nicht mehr selbst helfen können.

Selbstschutz.

Gerade wenn Ihnen die verwirrte Person nicht bekannt ist, sollten Sie die Situation kritisch im Auge behalten und Ihren Selbstschutz nicht vernachlässigen. Verwirrte Menschen können auch plötzlich aggressives Verhalten an den Tag legen oder in Panik geraten.

Autor*innen

Dr. med. Arne Schäffler; Dr. med. Brigitte Strasser-Vogel; in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Redaktionelle Bearbeitung: Sara Steer | zuletzt geändert am um 09:47 Uhr


Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist nach wissenschaftlichen Standards verfasst und von Mediziner*innen geprüft worden. Die in diesem Artikel kommunizierten Informationen können auf keinen Fall die professionelle Beratung in Ihrer Apotheke ersetzen. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbständig Diagnosen zu stellen oder mit einer Therapie zu beginnen.