Übermäßiges Schwitzen

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Krankhaft oder noch normal?

Schwitzen wird in vielen Situationen als unangenehm erlebt, erfüllt aber eine überlebenswichtige Funktion. Denn wenn Schweiß verdunstet, stabilisiert er die Körpertemperatur und entzieht dabei dem Körper überschüssige Wärme. Gleiches gilt beim Schwitzen durch Stress: Hat das Nervensystem alle Körperfunktionen auf Angriffs- bzw. Fluchtmodus gestellt, produziert der Körper vorsorglich Schweiß, um einer möglichen Überhitzung vorzubeugen.

Zum (sozialen) Problem wird Schwitzen dann, wenn es übermäßig auftritt, z. B. bei der anlagebedingter Hyperhydrose. Übermäßiges Schwitzen ist aber auch ein unspezifisches Symptom vieler Erkrankungen, etwa bei der Schilddrüsenüberfunktion, der Akromegalie und in Form von Nachtschweiß bei vielen Tumoren.

Keine Sorgen machen müssen sich Frauen in hormonellen "Ausnahmesituationen" wie den Wechseljahren oder unmittelbar vor der Periode. Dann ist das Schwitzen hormonell bedingt und verschwindet auch wieder ganz von allein.

Kalter Schweiß – also Schweiß, der bei kühler Haut und ohne Hitzeempfinden auftritt – ist ein typisches Anzeichen für einen Schock, wie er bei Herzinfarkt, starker allergischer Reaktion, aber auch psychischen Ausnahmesituationen auftritt.

Als besonders belastend wird starkes Schwitzen erlebt, wenn er trotz ausreichender Körper- und Kleiderhygiene mit starker Geruchsbildung einhergeht. In diesem Fall sollte eine Bromhidrose abgeklärt werden, also eine Erkrankung, bei der spezielle Bakterien die Haut besiedeln und unangenehmen Geruch produzieren.

Beschwerdebilder, ihre Ursachen, Maßnahmen und Selbsthilfe

Übermäßiges Schwitzen, insbesondere bei seelischer Anspannung (z. B. bei Stress, Angst, Lampenfieber, Schmerzen); vornehmlich an Achseln, Handflächen, Fußsohlen, Stirn; oft Hautrötungen und/oder -schuppungen, v. a. in den Hautfalten (z. B. Achseln, Leisten, Nabel, unter den Brüsten); Hände oft blau-weißlich verfärbt; an den Füßen oft Warzen und/oder schmerzhafte Hornhauterweichungen

Ursache:

Hyperhidrose, anlagebedingte, erbliche Schwitzneigung bei 5 % der Bevölkerung

Maßnahme:

  • Bei Gelegenheit zum Hausarzt, wenn Sie die Beschwerden nicht selbst in den Griff bekommen

Selbsthilfe:

  • Luftdurchlässige Kleidung und Schuhe, Achseln rasieren
  • Ausdauersport, Wechselduschen, Sauna
  • Antihydral®-Salbe, Präparate mit Aluminiumchlorid oder Gerbstoffen (z. B. Tannolact® Puder)
  • Scharfe Gewürze, heiße und koffeinhaltige Getränke, Alkohol und üppige Mahlzeiten verstärken das Schwitzen

Übermäßiges Schwitzen mit unangenehmem Geruch (muffig, ranzig, käsig, säuerlich); vornehmlich in der Leistenregion, Achseln und/oder an den Füßen ("Stinkfüße"); keine wesentliche Besserung durch häufiges Waschen

Ursache:

  • Bromhidrose

Maßnahme:

  • Bei Gelegenheit zum Hausarzt

Selbsthilfe bei Stinkfüßen:

  • Überschüssige Hornhaut abfeilen, viel barfuß laufen, geruchshemmende Einlegesohlen (z. B. Zedernholz)
  • Wechselfußbäder, Fußbäder mit Gerbsäure (z. B. Tannosynt®), Fußpuder

Starkes Schwitzen bei Genuss von bestimmten Speisen, heißen Getränken, größere Mengen Kaffee, Zigaretten und Alkohol

Ursachen:

  • Gustatorisches Schwitzen
  • Wirkung von Koffein, Nikotin oder Alkohol

Selbsthilfe:

  • Konsum von Kaffee, Zigaretten und Alkohol reduzieren

Übermäßiges Schwitzen bei Medikamenteneinnahme

Ursache:

Maßnahme:

  • Beim nächsten Arztbesuch ansprechen, wenn Sie diese Nebenwirkung auf dem Beipackzettel eines verordneten Medikaments finden

Vermehrtes Schwitzen, evtl. Schweißausbrüche (Hitzewallungen) bei Frauen; vor oder während der Monatsblutung; in Schwangerschaft und Wochenbett; in den Wechseljahren

Ursache:

Folge hormoneller Schwankungen, z. B. bei

Maßnahme:

  • Bei Bedarf zum Frauenarzt

Selbsthilfe:

  • Luftdurchlässige Kleidung, angezogen im Zwiebelprinzip
  • In den Wechseljahren Präparate mit Cimicifuga (z. B. Remifemin®)

Übermäßiges Schwitzen bei starkem Übergewicht

Ursache:

  • Gestörte Wärmeregulation durch vermehrtes Unterhautfettgewebe bei Übergewicht oder Adipositas

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen zum Hausarzt, wenn Sie Hilfe beim Abnehmen brauchen

Selbsthilfe:

  • Regelmäßige körperliche Aktivität, Ernährungsumstellung

Starkes Schwitzen mit Wachstum von Händen und Füßen; Veränderung der Gesichtszüge mit großem Schädel, breiten Stirnfalten, großer Nase und Ohren

Ursache:

  • Akromegalie

Maßnahme:

  • In den nächsten Wochen zum Hausarzt

Vermehrtes Schwitzen, Herzklopfen und Kurzatmigkeit bei geringen Anstrengungen

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum Hausarzt

Schwitzen mit Fieber

Ursachen:

  • Abgabe überschüssiger Körperwärme bei sinkendem Fieber
  • Schwere Infektionskrankheiten wie Blutvergiftung (Sepsis), Malaria

Maßnahme:

  • Am selben Tag zum Arzt, wenn Sie keine Erklärung für das Fieber haben, das Fieber über 40 °C steigt oder länger als 3 Tage anhält

Selbsthilfe:

  • Viel trinken, Wadenwickel

Schwitzen, v. a. nachts (Nachtschweiß), mit Abgeschlagenheit und verminderter Leistungsfähigkeit; oft Fieber; evtl. Gewichtsverlust; evtl. Gelenkschmerzen; evtl. Hautausschlag; evtl. Lymphknotenschwellungen

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum Hausarzt

Übermäßiges Schwitzen mit auffallender Wärmüberempfindlichkeit; Nervosität, Händezittern; Gewichtsverlust trotz gesteigertem Appetit

Ursache:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum Hausarzt

Ständiges oder anfallsweises Schwitzen mit Herzklopfen und Kopfschmerzen; oft Zittern, Nervosität

Ursachen:

Maßnahme:

  • In den nächsten Tagen zum Hausarzt

Anfallsartiger Schweißausbruch mit Unruhe bei bekanntem Diabetes; Heißhunger, Herzklopfen, Zittern; evtl. Benommenheit bis hin zur Bewusstlosigkeit

Ursache:

  • Wiederkehrende Unterzuckerung (Hypoglykämie)

Maßnahme:

  • Notarzt rufen bei eingetretener Bewusstlosigkeit

Erstmaßnahme:

  • Bei vorhandenem Bewusstsein Süßgetränke, aufgelösten Traubenzucker, oder Fruchtsaft trinken lassen oder einflößen

Plötzlicher Schweißausbruch, Schwindel und Schwarzwerden vor den Augen; Übelkeit, Herzklopfen Ohrensausen; evtl. kurze Bewusstlosigkeit

Ursachen:

Maßnahmen:

  • Notarzt rufen, wenn die Ohnmacht länger als eine Minute anhält
  • In den nächsten Tagen zum Hausarzt, wenn gehäuft Ohnmachtsanfälle auftreten

Erstmaßnahme:

  • Betroffenen sofort flach hinlegen, Beine hochlagern

Kalter Schweiß und auffallend graue, kühle Haut; Zittern, Unruhe, Angst; evtl. Benommenheit bis hin zur Bewusstlosigkeit

Ursache:

Schock, z. B. bei

  • Herzinfarkt
  • Starkem Blutverlust, schwerer Allergie
  • Entzugssyndrom bei Alkoholabhängigkeit und Drogensucht

Maßnahme:

  • Notarzt rufen

Erstmaßnahme:

  • Betroffenen sofort flach hinlegen, Beine hochlagern

Ihre Apotheke empfiehlt

Richtige Kleidung.

Locker anliegende Kleidung aus natürlichen Fasern wie Baumwolle sorgen dafür, dass die Luft gut zirkulieren kann und Feuchtigkeit schnell abtransportiert wird. Zudem bilden sich anders als bei eng anliegender Kleidung weniger schnell Schweißflecken, sodass das Schwitzen von anderen nicht so rasch bemerkt wird. Ein häufiges Waschen der Kleidung verhindert, dass sich Bakterien vermehren, die sonst für eine unangenehme Geruchsentwicklung sorgen. Wer unter plötzlichen Schweißausbrüchen leidet (etwa in den Wechseljahren), profitiert vom Zwiebellook, um schnell auf das veränderte Temperaturempfinden zu reagieren.

Richtige Ernährung.

Übergewicht ist häufig mit vermehrtem Schwitzen vergesellschaftet, weil durch das ausgeprägte Unterhautfettgewebe die Thermoregulation gestört ist. Tipps rund ums gesunde Abnehmen finden Sie unter der Rubrik "Ernährungsmedizin". Doch auch Koffein, Nikotin und Alkohol regen durch ihre Wirkung aufs Nervensystem die Schweißproduktion an. Schwitzen durch scharfe Speisen hingegen ist ein Reflex auf den starken Reiz im Mund und hält meist nur kurz an.

Kosmetische Produkte.

Deodorants werden inzwischen in so vielen Varianten angeboten, dass meist nur Ausprobieren hilft, um das für sich passende Produkt zu finden. Allerdings wirken nur Antitranspirants direkt auf die Schweißdrüsen und verringern so die Schweißmenge. Die meist aluminiumhaltigen Produkte sind umstritten, weil sie – bisher wissenschaftlich noch nicht ausreichend belegt – mit Brustkrebs und Alzheimer in Verbindung gebracht werden. Gegen unangenehmen Geruch helfen auch Deos mit antimikrobieller Wirkung. Hier haben Sie die Wahl zwischen natürlichen Keimhemmern wie Hopfen und Melisse und industriell hergestellten Wirkstoffen wie Chlorhexidin und Triclosan.

Ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Wer stark leidet, kann in Absprache mit seinem Arzt Maßnahmen erwägen, um seine Schweißdrüsen "auszuschalten". Machen Sie sich aber bewusst, dass dazu geeignete Wirkstoffe wie etwa Bornaprin erhebliche Nebenwirkungen haben (sie werden sonst bei schweren Erkrankungen wie Parkinson eingesetzt!). Auch Botox-Injektionen unterdrücken die Schweißproduktion für etwa 6 Monate – sind aber relativ teuer.

Autor*innen

Dr. med. Arne Schäffler; Dr. med. Brigitte Strasser-Vogel; in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Redaktionelle Bearbeitung: Sara Steer | zuletzt geändert am um 12:21 Uhr


Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist nach wissenschaftlichen Standards verfasst und von Mediziner*innen geprüft worden. Die in diesem Artikel kommunizierten Informationen können auf keinen Fall die professionelle Beratung in Ihrer Apotheke ersetzen. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbständig Diagnosen zu stellen oder mit einer Therapie zu beginnen.