Die Entleerung der Harnblase (Miktion) ist ein komplexer Vorgang. Bewusst ist uns dabei nur das Ingangsetzen der Blasenentleerung - danach läuft die Miktion reflektorisch ab. An der Blasenentleerung beteiligt sind Muskeln der Harnblase, der Harnröhre und des Beckenbodens sowie das Nervensystem.
Damit der Urin aus der Harnblase abfließen kann, muss außerdem die Harnröhre durchgängig sein. Bei Erkrankungen wie der gutartigen Prostatavergrößerung ist die Harnröhre verengt. Da die Prostata einen Teil der Harnröhre umschließt, führt die bei fast allen älteren Männern stattfindende Vergrößerung zu einer Verengung der Harnröhre. Auch bei Verletzungen und Narben ist die Harnröhre nicht mehr durchgängig und löst Beschwerden oder Schmerzen beim Wasserlassen aus.
Wieviel Urin produziert wird, hängt vor allem von der Flüssigkeitszufuhr ab:
- An einem Bürotag ohne wahrgenommenes Schwitzen und ohne Trinken über den Durst beträgt die Urinmenge für gesunde Erwachsene etwa 1,0-1,5 Liter pro Tag. Der Urin hat dann eine leicht gelbe Farbe.
- Bei dunkelgelber Farbe ist die Urinmenge vermindert – am häufigsten beim Nierengesunden durch Sport oder bei Hitze. Ein dunkler Urin ist manchmal aber auch ein Anzeichen einer Nierenerkrankung mit verminderter Urinproduktion (Oligurie) oder einem Versagen der Nierenfunktion (Anurie), z. B. bei akuten Erkrankungen durch Fieber, Erbrechen und Durchfall.
- Ist der Urin sehr hell, ist er nur wenig konzentriert. Das ist häufig die Folge eines Biergartenbesuchs oder zu vieler Tassen Kaffee an einem langen Arbeitstag. Manchmal stecken aber auch ernsthafte Erkrankungen wie Diabetes oder Niereninsuffizienz dahinter. Auch bestimmte Medikamente, z. B. Diuretika oder manche Antibiotika, erhöhen die Urinproduktion (Polyurie).
Beschwerdebilder, ihre Ursachen, Maßnahmen und Selbsthilfe
-
Verzögertes oder unterbrochenes Wasserlassen bei voller Blase; Abschwächung des Harnstrahls bis hin zum stark schmerzhaften Harnverhalt; Gefühl der unvollständigen Blasenentleerung; Nachträufeln; häufiger Harndrang, v. a. nachts; evtl. blutiger Urin
mehr -
Verzögertes oder unterbrochenes Wasserlassen im Kindesalter; abgeschwächter Harnstrahl bis hin zum stark schmerzhaften Harnverhalt; häufiger Harndrang; evtl. Nachträufeln; evtl. verzögertes Trockenwerden
mehr -
Erschwertes Wasserlassen bis zum Harnverhalt nach einem Unfall
mehr -
Erschwertes Wasserlassen v. a. auf öffentlichen Toiletten; minutenlanges Warten, bis der Harnfluss einsetzt
mehr -
Erschwertes Wasserlassen bis zum schmerzlosen Harnverhalt mit neurologischen Beschwerden; ständiger Abgang kleiner Urinmengen; plötzlicher, starker Harndrang; evtl. Seh- oder Sprachstörungen; evtl. Lähmungen
mehr -
Plötzlich verminderte Urinmenge (< 500 ml/Tag) oder ganz ausbleibender Urin bei leerer Harnblase
mehr -
Allmähliche Abnahme der Urinmenge; Wassereinlagerungen in Beinen, Händen und Gesicht; Müdigkeit; Übelkeit und Erbrechen
mehr -
Vermehrte Urinmenge (mehr als 3 Liter am Tag); heller bis wasserklarer Urin; evtl. starker Durst; evtl. trockene Schleimhäute, stehende Hautfalten; evtl. Verwirrtheit oder Benommenheit
mehr -
Vermehrte Urinmenge während der Nacht
mehr
Verzögertes oder unterbrochenes Wasserlassen bei voller Blase; Abschwächung des Harnstrahls bis hin zum stark schmerzhaften Harnverhalt; Gefühl der unvollständigen Blasenentleerung; Nachträufeln; häufiger Harndrang, v. a. nachts; evtl. blutiger Urin
Ursachen:
- Gutartige Prostatavergrößerung
- Prostatakrebs
- Chronische Prostataentzündung
- Blasenstein
- Harnblasenkrebs
- Harnröhrenverengung (Harnröhrenstriktur), z. B. nach längerem Blasenkatheter
- Somatoforme Störung
- Einnahme von bestimmten Medikamenten, z. B. Beruhigungsmitteln (Tranquilizer), Antidepressiva, Neuroleptika
Maßnahmen:
- Sofort in die hausärztliche oder urologische Praxis bei Flankenschmerzen, ständigem Abgang kleiner Urinmengen, Harnverhalt
- Am nächsten Tag bei schmerzhaftem Wasserlassen oder blutigem Urin
- In den nächsten Tagen bis Wochen bei häufigerem Wasserlassen oder Abschwächung des Harnstrahls
Selbsthilfe:
- Bei Abflussbehinderung durch Prostatavergrößerung ("Stammtischverhalt") helfen evtl. warme Bauchwickel oder eine Wärmflasche
Verzögertes oder unterbrochenes Wasserlassen im Kindesalter; abgeschwächter Harnstrahl bis hin zum stark schmerzhaften Harnverhalt; häufiger Harndrang; evtl. Nachträufeln; evtl. verzögertes Trockenwerden
Ursachen:
- Phimose (Vorhautverengung)
- Angeborene Harnröhrenverengung (Harnröhrenstriktur)
- Harnröhrenklappen
- Harnröhrenfehlbildungen, z. B. Hypospadie
- Fremdkörper in der Harnröhre
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen in die kinderärztliche Praxis
Erschwertes Wasserlassen bis zum Harnverhalt nach einem Unfall
Ursachen:
Maßnahme:
- Notärzt*in rufen
Erschwertes Wasserlassen v. a. auf öffentlichen Toiletten; minutenlanges Warten, bis der Harnfluss einsetzt
Ursache:
- Paruresis (psychische Störung mit großen Schwierigkeiten, die Blase willentlich zu entleeren)
Maßnahmen:
- In den nächsten Wochen zur Hausärzt*in, in die psychiatrische oder psychotherapeutische Praxis
Erschwertes Wasserlassen bis zum schmerzlosen Harnverhalt mit neurologischen Beschwerden; ständiger Abgang kleiner Urinmengen; plötzlicher, starker Harndrang; evtl. Seh- oder Sprachstörungen; evtl. Lähmungen
Ursache:
Neurogene Blasenentleerungsstörung, z. B. bei
- Multipler Sklerose
- Parkinson-Krankheit
- Kürzlich abgelaufenem Schlaganfall
- Bandscheibenvorfall
- Rückenmarktumoren
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen in die hausärztliche oder neurologische Praxis, wenn die Beschwerden erstmals auffallen
Plötzlich verminderte Urinmenge (< 500 ml/Tag) oder ganz ausbleibender Urin bei leerer Harnblase
Ursache:
Oligurie bzw. Anurie, z. B. bei
- Austrocknung (Dehydratation), etwa im hohen Alter, z. B. durch unzureichendes Trinken, starkes Schwitzen, hohes Fieber, Erbrechen und/oder Durchfall
- Schwerem Blutverlust
- Akuter Herzinsuffizienz
- Akutem renalem Nierenversagen, z. B. bei akuter Glomerulonephritis oder Niereninfarkt
Maßnahme:
- In den nächsten Stunden in die Klinik, wenn die Urinmenge trotz ausreichender Flüssigkeitszufuhr stark absinkt
Allmähliche Abnahme der Urinmenge; Wassereinlagerungen in Beinen, Händen und Gesicht; Müdigkeit; Übelkeit und Erbrechen
Ursache:
Chronisches Nierenversagen, z. B. bei
- nicht ausgeheilter Glomerulonephritis
- Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis)
- Diabetes mellitus
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen in die hausärztliche Praxis, wenn die Beschwerden erstmals auffallen
Vermehrte Urinmenge (mehr als 3 Liter am Tag); heller bis wasserklarer Urin; evtl. starker Durst; evtl. trockene Schleimhäute, stehende Hautfalten; evtl. Verwirrtheit oder Benommenheit
Ursache:
Polyurie, z. B. bei
- Übermäßiger Trinkmenge, v. a. alkoholischer Getränke
- Diabetes mellitus
- Diabetes insipidus
- Nebenschilddrüsen-Überfunktion
- Spätstadium eines akuten Nierenversagens
- Frühstadium eines chronischen Nierenversagens
- Psychogener Polydipsie (relativ häufige psychische Störung, die durch zwanghaftes Trinken großer Flüssigkeitsmengen ohne tatsächlichen, körperlichen Bedarf gekennzeichnet ist)
- Medikamenteneinnahme, z. B. Diuretika, manche Antibiotika, Lithium
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen in die hausärztliche Praxis, wenn keine entsprechende Grunderkrankung bekannt ist
Vermehrte Urinmenge während der Nacht
Ursache:
Nächtliches Wasserlassen (Nykturie), z. B. bei
- Gutartiger Prostatavergrößerung
- Diabetes mellitus
- Herzinsuffizienz
- Frühstadium eines chronischen Nierenversagens
Maßnahme:
- In den nächsten Tagen in die hausärztliche Praxis bei Auftreten weiterer Beschwerden wie Abschwächung des Harnstrahls, starkem Durst, Beinödemen
Selbsthilfe:
- Bei Fehlen weiterer Beschwerden am Abend die Trinkmenge und insbesondere den Konsum von Alkohol – der harntreibend wirkt – einschränken
Ihre Apotheke empfiehlt
Da als Ursache auch ernste Erkrankungen in Betracht kommen, sollte ein erschwertes Wasserlassen oder eine veränderte Urinmenge grundsätzlich ärztlich abgeklärt werden.