Facettensyndrom

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Beim Facettensyndrom ist am häufigsten die Lendenwirbelsäule betroffen.

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Häufigkeit: 5

Facettensyndrom: Verschleißbedingte Wirbelsäulenerkrankung mit Abnutzung der kleinen Wirbelgelenke (Facetten oder Facettengelenke), meist bei Menschen über 50 Jahren. Am häufigsten ist die Lendenwirbelsäule betroffen. Typisch sind Schmerzen am betroffenen Wirbelgelenk, die in andere Körperteile, z. B. die Arme oder Beine ausstrahlen und sich unter Ruhe bessern. Das Facettensyndrom tritt allein oder als Vorläufer bzw. gemeinsam mit anderen Wirbelsäulenerkrankungen wie Spinalstenose, Wirbelgleiten oder Bandscheibenschäden auf.

Akute Schmerzen werden mit Schmerzmitteln, Physiotherapie und/oder Spritzen in das Facettengelenk behandelt. Langfristig ist es entscheidend, die Wirbelsäule durch Kräftigung der Rumpfmuskulatur zu stabilisieren und Fehlhaltungen sowie Überlastungen zu vermeiden. Greifen diese Behandlungen nicht, lässt sich der sensible Nerv des betroffenen Gelenks durch Hitze veröden und damit ausschalten.

  • Dumpfe Rückenschmerzen, die unter Belastung und im Verlauf des Tages meist zunehmen und sich in Ruhe und im Liegen wieder bessern (ausgenommen bei Befall der Brustwirbelsäule: hier können sich die Schmerzen im Liegen verstärken!)
  • Ausstrahlen der Schmerzen in Richtung Arm, Bein oder Rippenbogen (je nach Ort der degenerativen Veränderungen)
  • Schmerzbedingte Verspannungen in Nacken und/oder Rücken.

Nach 1–2 Wochen bei

  • lokalen Schmerzen ohne Ausstrahlungen.

Innerhalb weniger Tage, wenn

  • die Schmerzen in Richtung Arm oder Bein ausstrahlen.

Die Facetten oder Wirbelgelenke verbinden die einzelnen Wirbelkörper der Wirbelsäule miteinander. Sie liegen rechts und links des Dornfortsatzes und tragen mit den Bandscheiben einen großen Anteil der statischen Belastung der Wirbelsäule. Wenn sich die Facettengelenke abnutzen, kommt es zum Austritt von Gelenkflüssigkeit und zu lokalen entzündlichen Reaktionen, was schließlich zu starken Schmerzen führt.

Es gibt Schätzungen, dass bis zu 40 % der älteren Bevölkerung an einem Facettensyndrom leiden. Es kann überall an der Wirbelsäule auftreten, am häufigsten betrifft es jedoch die Lendenwirbelsäule.

Ursachen und Risikofaktoren

Hauptursache des Facettensyndroms ist der natürliche, altersbedingte Verschleiß der Wirbelgelenke. Dieser Verschleiß wird durch unphysiologische oder übermäßige Beanspruchung der Wirbelsäule begünstigt. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Schwere, einseitige körperliche Arbeit (zum Beispiel das Tragen von Lasten)
  • Ständige starke Erschütterungen wie z. B. beim beruflichen Lastwagenfahren
  • Zu schwache Rückenmuskulatur durch vornehmlich sitzende Tätigkeit und Lebensstil sowie Bewegungsmangel
  • Übergewicht
  • Fehlhaltungen, Wirbelsäulenverformungen wie Skoliose oder Hohlkreuz, Fehlbelastungen durch Leistungssport
  • Höhenverlust im Zwischenwirbelraum durch Bandscheibenverschleiß (z. B. bei der Osteochondrose)
  • Rheumatische Erkrankungen.

Klinik

Das Facettensyndrom ist gekennzeichnet durch Schmerzen am betroffenen Wirbelgelenk, die sich bei Belastung verstärken und in Ruhe besser werden. Die Schmerzen können je nach Lokalisation ausstrahlen, bei Befall der Halswirbelsäule (zervikales Facettensyndrom) etwa in den Arm. Ist (in seltenen Fällen) die Brustwirbelsäule betroffen (thorakales Facettensyndrom) breitet sich der Schmerz entlang des Rippenbogens aus. Beim lumbalen Facettensyndrom im Bereich der Lendenwirbelsäule strahlen die Schmerzen oft in die Beine aus. Im Gegensatz zu Schmerzen durch Druck auf die Nervenwurzeln (sogenannte radikuläre Schmerzen, wie z. B. beim Bandscheibenvorfall) sind die Schmerzen meist nicht von Kribbeln oder Taubheitsgefühlen begleitet. Der Arzt spricht dabei deshalb auch häufig von pseudoradikulären Schmerzen.

Komplikationen

Das Facettensyndrom tritt als eigenständiges Krankheitsbild auf, kann aber durch die zentrale Stellung der Facettengelenke im Gesamtverbund "Wirbelsäule" zu zahlreichen anderen Erkrankungen führen oder von ihnen begleitet werden. Dazu gehören vor allem die Spinalstenose, das Wirbelgleiten, die Osteochondrose und der Bandscheibenvorfall.

Der Arzt befragt den Patienten genau, wann und wo die Schmerzen auftreten, ob sie bei Belastung stärker werden und in Ruhe nachlassen. Bei der körperlichen Untersuchung prüft er durch Abtasten des Rückens Schmerzen und Druckempfindlichkeit im Bereich der Wirbelsäule. Häufig lässt sich dabei schon recht genau feststellen, welche Facettengelenke gereizt sind. Außerdem untersucht der Arzt die Beweglichkeit der Wirbelsäule, er lässt den Patienten sich strecken und beugen sowie Kopf und Oberkörper drehen und zur Seite neigen.

Weil das Facettensyndrom zu Erkrankungen führen kann, die Druck auf Nerven ausüben (Bandscheibenvorfall, Spinalstenose), prüft der Arzt mithilfe von Reflexen, Sensibilitätstests und Muskelkraft, ob die Nervenwurzeln gereizt sind.

Neben der körperlichen Untersuchung helfen Ultraschall, Röntgen und vor allem detailreiche Aufnahmen durch Computertomografie oder Magnetresonanztomografie dabei, Ausmaß und Lokalisation der Veränderungen nachzuweisen. Im Zweifel bestätigt auch die Injektion eines Schmerzmittels in das verdächtige Gelenk (Facetteninjektion) die Diagnose.

Der Verschleiß der Wirbelgelenke lässt sich leider nicht rückgängig machen. Deshalb ruht die Therapie des Facettensyndroms in erster Linie auf der Behandlung der Schmerzen mit Medikamenten und Physiotherapie. Langfristig ist zur Linderung der Beschwerden vor allem die Kräftigung der Rückenmuskulatur durch Bewegungstherapie und das Erlernen einer rückenschonenden Lebensweise erforderlich.

Schmerzmittel. Zur Behandlung der Schmerzen verordnet der Arzt meist die orale Einnahme von entzündungs- und schmerzhemmenden NSAR wie Diclofenac (z. B. Voltaren® oder Diclac®) oder Ibuprofen (z. B. Ibu® oder Brufen®). In schwereren Fällen kommen Opioide zum Einsatz, sie können auch als Schmerzpflaster aufgeklebt werden.

Infiltrationstherapie. Reichen Pflaster und Tabletten nicht aus, spritzt der Arzt Medikamente in die Nähe des schmerzenden Gelenks. Meist handelt es sich dabei um eine Mischung aus Kortison (zur Reduktion der Entzündung) und Lokalanästhetikum (ein betäubendes Medikament zur Eindämmung der Schmerzen).

Denervierung der Schmerzfasern. In manchen Fällen sind die Beschwerden so stark, dass der Arzt das Ausschalten der schmerzleitenden Gelenknerven empfiehlt. Dazu verwendet er eine Thermosonde, die er unter lokaler Betäubung oder kurzer Narkose über eine Nadel an die Nerven heranführt und über die er gezielt Stromimpulse setzt. Das Verfahren beseitigt zwar die Schmerzen, nicht jedoch deren Ursache. Zudem ist es schwierig und aufwendig, die schmerzhaften Zwischenwirbelgelenke alle korrekt zu identifizieren.

Hilfsmittel. In manchen Fällen passt der Arzt zur Behandlung akuter Schmerzen auch stabilisierende Mieder oder eine Art Korsett an (sogenannte Orthesen).

Physiotherapie. Unterstützend zur medikamentösen Schmerztherapie wirken bei vielen Patienten Behandlungen mit Wärme (z. B. Fango), Ultraschall oder Stromtherapie (z. B. die TENS).

Mobilisierende und stabilisierende Krankengymnastik. Eine starke Rumpfmuskulatur entlastet die Wirbelsäule und damit auch die Facettengelenke. Gezielte Übungen helfen beim Aufbau der Muskelgruppen, die die Wirbelsäule stabilisieren. Gleichzeitig werden verspannte und verkürzte Muskeln gedehnt, sodass sich die Rückenbeweglichkeit verbessert. Außerdem schulen die Rückenübungen Koordination und Körpergefühl, was langfristig zu rückenfreundlicheren und gesünderen Bewegungsmustern führt.

Rückenschule. Eine Umstellung auf einen "rückenfreundlicheren" Alltag gelingt nur, wenn Betroffene ausreichend geschult werden und erlernte Techniken selbstständig anwenden können. Krankenkassen, Krankengymnasten und Rehabilitationskliniken bieten hierzu Kurse an, deren Kosten häufig die Krankenkasse übernimmt.

Operative Behandlung. Kommt es durch das Facettensyndrom zu Komplikationen wie Spinalstenose oder Bandscheibenvorfall, werden manchmal operative Eingriffe erforderlich. Dazu gehören vor allem Versteifungsoperationen der Wirbelsäule oder das operative Erweitern von Einengungen im Wirbelkanal.

Hinweis: Weitere Informationen zur konservativen und operativen Behandlung von Rückenschmerzen finden sich im Beitrag Rückenschmerzen.

Das Facettensyndrom ist nicht heilbar. Einmal verschlissene Wirbelgelenke lassen sich nicht regenerieren. Mit konsequenter Bewegungstherapie zur Stärkung der Rückenmuskulatur und Schmerzmitteln gelingt es dem Patienten jedoch meist, die Beschwerden längerfristig reduzieren.

Was Sie selbst tun können

Rückenschule. Machen Sie regelmäßig die in der Rückenschule erlernten Übungen und achten Sie im Alltag auf rückenfreundliches Verhalten, vor allem beim Sitzen, Stehen, Heben oder Tragen von Lasten. Die wichtigsten Regeln der Rückenschule sind:

  • Täglich bewegen, z. B. vermehrt Strecken zu Fuß zurücklegen
  • Den Rücken gerade halten
  • Beim Bücken in die Hocke gehen
  • Möglichst keine schweren Gegenstände heben
  • Beim Tragen von Lasten diese verteilen und nah am Körper tragen
  • Nicht mit durchgedrückten Knien stehen
  • Möglichst mit leicht gekrümmten Beinen liegen
  • Regelmäßig rückenfreundlichen Sport treiben, z. B. Schwimmen, Laufen oder Radfahren
  • Täglich die kleinen Wirbelsäulenmuskeln mit Übungen trainieren.

Sport. Sport kann Fluch und Segen für die Wirbelsäule sein. So belasten kräftige, ruckartige Bewegungen die gesamte Wirbelsäule inklusive Facettengelenke und Bandscheiben und führen dadurch zu einem vorzeitigen Verschleiß. Sportarten, die den Rücken stärken und eine hohe Stabilität der Wirbelsäule erfordern, beeinflussen dagegen den Verlauf eines Facettensyndroms günstig. Dazu gehören beispielsweise Kraftsport, Radfahren und Schwimmen. Lassen Sie sich von Ihrem Orthopäden beraten, welche Sportart und vor allem wieviel davon für Ihren Rücken geeignet ist.

Um Rat fragen. Stellen Sie keine Selbstdiagnose und machen Sie keine Übungen in Eigenregie. Gehen Sie bei Beschwerden zum Arzt und lassen Sie diese dort fachmännisch abklären. Machen Sie nur Übungen, die Ihnen vom Fachmann gezeigt wurden. Falsches oder übermäßiges Training kann vor allem der Halswirbelsäule schwere Schäden zufügen.

Gewicht normalisieren. Bauen Sie vorhandenes Übergewicht ab, um die Wirbelsäule und damit Ihre Facettengelenke zu entlasten.

Rückenschonend arbeiten. Wenn Sie im Büro tätig sind, erledigen Sie möglichst viel im Stehen oder Gehen. Insbesondere bei Stress sind solche Bewegungspausen wichtig, um eine Anspannung der Nacken- und Rückenmuskulatur zu verhindern. Ändern Sie beim Sitzen regelmäßig Ihre Position, abwechselnd leicht vorgeneigt, aufrecht und zurückgelehnt. Wählen Sie einen Arbeitsstuhl mit der Funktion "dynamisches Sitzen". Sie verfügen über eine Rückenlehne, die sich mitbewegt und gleichzeitig den Rücken stützt. Wenn Ihnen eine häufige Änderung der Sitzhaltung schwerfällt, wählen Sie eine dauerhafte Sitzposition, die zwischen Rücken und Oberschenkel einen Winkel von etwa 120° einschließt. Wichtig für die Arbeitsplatzergonomie ist auch die richtige Höhe von Tisch und Stuhl. Idealerweise bilden Ober- und Unterarme sowie Ober- und Unterschenkel mindestens einen rechten Winkel. Wenn die Arme locker auf den Armlehnen aufliegen, entlastet diese Position den Schulterbereich. Handballenauflagen vor der Tastatur entspannen beim Tippen ebenfalls die Schultern, tun aber auch dem Nacken gut.

Rückenschonendes Autofahren. Wenn Sie beruflich viel im Auto sitzen, leisten Sie sich einen guten Autositz und nutzen Sie die Pausen zum Umhergehen, zum Recken und Strecken.

Wärme. Wärme beruhigt und entspannt die Muskulatur und hilft dadurch, den Schmerz zu lindern. Bewährt haben sich warme Vollbäder (beruhigend: Melisse, Lavendel; anregend und durchblutungsfördernd: Rosmarin), warme Wickel (Heublume, Fango), Wärmflasche oder Wärmekissen im Bett, durchblutungsfördernde Pflaster (z. B. ABC-Wärmepflaster), Einreibungen z. B. mit Pferdesalbe, wärmende Unterwäsche aus Angorawolle, Wollschals oder auch ein Saunabesuch. Herzkranke Menschen müssen wegen der Kreislaufbelastung erst Rücksprache mit ihrem Arzt halten, bevor sie sich mit Vollbädern, Wickeln oder Saunabesuchen behandeln.

Autor*innen

Dr. med. Sonja Kempinski unter Verwendung von Textauszügen aus: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). | zuletzt geändert am um 16:20 Uhr


Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel ist nach wissenschaftlichen Standards verfasst und von Mediziner*innen geprüft worden. Die in diesem Artikel kommunizierten Informationen können auf keinen Fall die professionelle Beratung in Ihrer Apotheke ersetzen. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbständig Diagnosen zu stellen oder mit einer Therapie zu beginnen.